Welche Angebote Kirchen und freie Trauungen bieten

Tüll, Glitzer und himmlischer Beistand

Hochzeiten gewinnen immer mehr an Eventcharakter. Auf Hochzeitsmessen präsentieren Aussteller die neuesten Trends. Mit dabei sind auch die Kirchen. Doch ist die kirchliche Hochzeit noch attraktiv?

Autor/in:
Anna Fries
Diakon segnet ein Brautpaar / © Harald Oppitz (KNA)
Diakon segnet ein Brautpaar / © Harald Oppitz ( KNA )

Der Hochzeitsmonat Mai naht, die Hochzeitsmessen florieren: Zwischen Anbietern für mobile Diskotheken, Trauringkursen, Fotoautomaten und Musik-Sound-Konzepten sind oft auch die Kirchen dabei. Am Wochenende stehen auf solchen Messen unter anderem in Essen, Berlin und Zürich evangelische und katholische Ansprechpartner Paaren auf dem Weg zur Hochzeit mit Rat und Tat zur Seite. Sie informieren über Formalia, Abläufe und Musik - und bemühen sich, Interesse für eine kirchliche Trauung zu wecken.

Das Ziel sei aber nicht, "dort besonders viele Leute für die Kirche zu rekrutieren", sagt Nicolaus Klimek, Referent für Sakramente und Katechese im Bistum Essen. Vielmehr gehe es darum, mit interessierten Paaren Kontakt aufzunehmen - auf eine Art und Weise, die sie als positiv erleben.

410.000 Paare

Denn das Thema "Hochzeit" ist aktuell, auch wenn die Zahl der Eheschließungen - vor allem der kirchlichen - einem Negativtrend unterliegt und sich seit den 1950er Jahren fast halbiert hat. 2015 heirateten in Deutschland 410.000 Paare, davon nicht einmal 100.000 kirchlich.

Auf sich wandelnde Ehe-Vorstellungen reagieren auch die deutschen Bischöfe. Sie haben kürzlich eine Broschüre zum Thema herausgegeben.

Tradition und Erwartung

Die gesellschaftliche Diskussion zeige, "dass unsere Auffassung einer sakramentalen Ehe von vielen nicht nachvollzogen wird", schreibt Erzbischof Heiner Koch, Vorsitzender der Kommission für Ehe und Familie der Deutschen Bischofskonferenz. Kirchliche Ehelehre und praktisch gelebtes Eheverständnis unterschieden sich seit Jahren.

Das wirft die Frage auf, warum Paare sich immer noch eine kirchliche Hochzeit wünschen. "Es gibt vielfältige Motive", erklärt Klimek: Tradition, Erwartungen des Umfelds, der Wunsch nach einer Hochzeit in Weiß. Dennoch sei den Partnern bewusst, dass sie einen verbindlichen Schritt gehen. Die Trauung sei die äußere Form, "diese Entschiedenheit zu dokumentieren".

Abschreckung "Ewigkeit"

Auch die Religion spiele eine Rolle. Klimek ist überzeugt, dass viele Paare "heimlich doch einen Zugang zum Religiösen haben". Jungen Menschen seien Ehe und Familie sehr wichtig, betont er. Hinter dem Wunsch nach einer kirchlichen Hochzeit stehe oft die "Sehnsucht nach Zuspruch" - gerade weil es keine Garantie für ewige Liebe gebe. "Die meisten Paare sehen ihr Vorhaben optimistisch und suchen dafür Unterstützung", sagt Klimek.

Dennoch: Kirchliche Hochzeit und katholisches Eheverständnis sind nicht für jeden etwas. Den einen schreckt das "für immer" ab, der andere fühlt sich in der Kirche nicht willkommen, wieder andere haben mit Religion nichts am Hut. Eine Alternative bieten sogenannte freie Trauungen.

Redner und Theologe

Volker Gundlach, freier Redner und evangelischer Theologe, bietet solche Zeremonien an. Auch er kommt auf Hochzeitsmessen mit Paaren ins Gespräch. "Bei der freien Zeremonie geht es nicht um die Erfindung einer neuen Trauung", betont er. Im Vordergrund stehe vielmehr, eine Form zu finden, in der das Paar zueinander "Ja" sagen könne. Der Ablauf richte sich nach den Wünschen der Eheleute, sei aber oft an kirchliche Formen angelehnt. "Nur der Inhalt ist weltlich."

"Ich hatte schon Trauungen im Football-Stadion mit anschließendem Feuerwerk", berichtet Gundlach. Oder Paare, die im Heißluftballon "Ja" zueinander sagten. Der Fantasie seien keine Grenzen gesetzt. Nur bei vom Fernsehen inspirierten Vorstellungen wie einer Trauung beim Bungee-Sprung würde er dann doch "nee" sagen.

Alternative statt Konkurrenz

"Es ist eine Tatsache, dass viele Menschen nicht mehr in der Kirche sind", sagt Gundlach. Trotzdem sehnten sie sich nach einer feierlicheren Zeremonie als der im Standesamt. Seine Kunden seien sehr verschieden: "Es gibt den Klassiker, katholisch und geschieden", sagt er. Zudem kämen schwule oder lesbische Paare, "die bei der Kirche nicht unbedingt gerne gesehen werden", dazu Religionsverschiedene oder Menschen, die mit Religion nichts anfangen können.

Die freie Trauung, eine Konkurrenz für die katholische Kirche? "Das überlegen wir uns auch manchmal", sagt Klimek. "Aber nicht wirklich." Sie sei eher eine Alternative für diejenigen, für die eine kirchliche Hochzeit nicht infrage komme. "Wir sind dann doch das Original", betont er.


Quelle:
KNA