Open Doors zur Lage der Christen in Nordkorea

"Man darf diesem Regime nicht glauben"

Nordkorea wird gerade wieder mal seinem Ruf als "Schurkenstaat" gerecht. Im domradio.de-Interview erklärt Markus Rode von "Open Doors", warum man die Drohungen nicht zu ernst nehmen muss – die Situation der Christen im Land aber umso mehr.

 (DR)

domradio.de: Wie bewerten Sie die Aufkündigung des Nichtangriff-Paktes mit Südkorea?

Rode: Vor allem ist es Propaganda. Wie so häufig in den vergangenen Jahren folgt der großen Drohgebärde bald wieder die große Annäherung. Wahrscheinlich muss man die aktuellen Ereignisse nicht wirklich ernst nehmen.

domradio.de: Zur Situation der Christen in Nordkorea - wie ist sie aktuell? 

Rode: Die nordkoreanischen Christen sind die weltweit am meisten verfolgten. Auf dem Verfolgungsindex von Open Doors stehen sie an erster Stelle. Wir haben alleine 70.000 Christen in Arbeitslagern, die dort mit ihren Familien sind und zu Tode gefoltert werden, weil sie Christen sind. Die anderen, die im Land versteckt sind - 200.000 bis 400.000 müssen sich verstecken - werden von der Geheimpolizei gesucht. Und wenn man sie findet, werden sie direkt hingerichtet oder kommen in eines der berüchtigten Arbeitslager.

domradio.de: Warum sind die Christen buchstäblich Staatsfeinde?

Rode: In Nordkorea gibt es das System einer gottgleichen Anbetung der Führer. Der verstorbene Kim Il-Sung gilt als der "große Führer", die Zeitrechnung orientiert sich an ihm, nicht an Jesus Christus. Das zeigt: Es handelt sich um eine selber kreierte Religion, die dem christlichen Glauben entgegenwirkt. In Nordkorea sollen Statuen angebetet werden, Christen beten den lebendigen Gott an. Außerdem steht das Christentum für den Westen - und somit für gefährlich und reaktionär. Und auch deshalb gelten die Christen als Feinde.

domradio.de: Vor wenigen Wochen noch hat Staatschef Kim Jong Un noch eine Annäherung an Südkorea in Aussicht gestellt, jetzt droht er mit einem Atomschlag. Wie verlässlich sind seine Aussagen in Sachen Religionsfreiheit?

Rode: Man darf sich von diesem Regime nicht täuschen lassen. Es gibt im Land sogar Show-Kirchen. Man kann als Tourist einreisen, wird dann auf Schritt und Tritt geführt bzw. bewacht - und zu einer dieser Kirchen geführt. Die Aussage "Es gibt Religionsfreiheit, schauen sie auf die schönen Kirchen in Pjöngang" ist eine Farce. Man darf diesem Regime nicht glauben.

domradio.de: Haben die Christen in Nordkorea überhaupt Verbündete?

Rode: Die Verbündete sind die Christen in der freien Welt. Sie sind die Glaubensgeschwister der Christen in Nordkorea. In diesem am meisten abgeschotteten Land der Welt kann man nur im Untergrund arbeiten, Open Doors tut das seit vielen Jahren. Deshalb unser Appell an die Christen der freien Welt: Bitte unterstützt die Christen in Nordkorea, wie haben Möglichkeiten hierzu. Und bitte betet für sie!

Das Gespräch führte Aurelia Rütters.


Quelle:
DR