Kardinal Woelki ruft Generationen zum Zusammenhalt auf

Gefahr einer "Entsolidarisierung"

Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki hat vor einer "Entsolidarisierung" der Gesellschaft infolge des demografischen Wandels gewarnt. Die Lebensalter in einer Gesellschaft müssten füreinander da sein.

Solidarität zwischen Alt und Jung / © Patrick Pleul (dpa)
Solidarität zwischen Alt und Jung / © Patrick Pleul ( dpa )

Jung und Alt müssten füreinander da sein "statt gegeneinander aufzurechnen, wer wie viel oder wie wenig bekommt", sagte Woelki laut Manuskript am Mittwochabend in Berlin. Der "Caritasbischof" der Deutschen Bischofskonferenz sprach im Eröffnungsgottesdienst eines Kongresses des katholischen Wohlfahrtsverbandes über den demografischen Wandel.

Sterben in der "Balkansackgasse"

Woelki bezeichnete es als Aufgabe der Kirche, "den Schutz des Lebens und die Sorge füreinander anzumahnen und entsprechend zu handeln" und verwahrte sich gegen Vorwürfe, die Kirche achte zu sehr auf das ungeborene Leben und zu wenig auf Gerechtigkeit. Ganz gleich, an welchen Stellen das Leben von Menschen bedroht ist, sei es "immer Aufgabe der Kirche, im Namen Jesu Christi ihre Stimme zu erheben und den Schutz des Lebens und die Sorge füreinander anzumahnen und entsprechend zu handeln."

Der Kölner Erzbischof betonte: "Nehmen wir diejenigen an, die älter werden und die dabei anders und bisweilen anstrengend werden, und nehmen wir diejenigen an, die aus anderen Welten und anderen Kulturen zu uns kommen wollen." In diesem Zusammenhang räumte er ein, es sei "heute fast wieder genauso unpopulär wie zu Beginn der Flüchtlingskrise, sich dafür auszusprechen, Menschen in Not zu helfen".

Der Kardinal bekräftigte zudem seine Forderung nach legalen Wegen der Einreise und einem Einwanderungsgesetz sowie einem uneingeschränkten Recht auf Asyl. Auch in diesen Tagen "sterben Menschen in vielen Regionen der Welt und sterben sie auf ihrem gnadenlosen Weg über die Balkansackgasse und durchs Mittelmeer und auf den neuen Wegen, die die Hoffnungslosigkeit finden wird". Die Kirche dürfe deshalb "nicht aufhören, auf menschenunwürdige Bedingungen zu zeigen und von der Politik Verantwortung zu fordern".

Kongress mit Merkel und Marx

An dem bis Freitag dauernden Kongress nehmen rund 700 Vertreter aus Kirche, Politik und Wissenschaft aus ganz Deutschland teil. Zu einem damit verbundenen Empfang werden am Donnerstagabend auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, erwartet.

Zum Auftakt des Kongresses hatte Caritaspräsident Peter Neher alle gesellschaftlichen Gruppen aufgerufen, die Herausforderungen einer alternden Gesellschaft anzunehmen. So sei der Mangel an Arbeitskräften ein zusätzlicher Ansporn, "Bildungseinrichtungen so weiter zu entwickeln, dass Kinder unabhängig von ihrer Herkunft ausreichend Bildungschancen haben", sagte Neher. "Wenn wir hier scheitern, scheitern wir bei der Bewältigung des demografischen Wandels." Die Caritas verstehe sich als wichtige Akteurin im Bildungsbereich sowie der Kinder- und Jugendhilfe.

Caritas auch vom demografischen Wandel betroffen

Neher erklärte, vom demografischen Wandel sei die Caritas auch selbst betroffen. So falle es dem Wohlfahrtsverband in ländlichen Regionen schwerer, "Angebote neu zu organisieren oder aufrecht zu erhalten". Zudem werde es schwieriger, Fachkräfte zu finden. Überdies sei die Caritas "als Anwältin und Solidaritätsstifterin" gefordert, wenn die Grundversorgung von Menschen in ländlichen Regionen gefährdet sei.


Kardinal Woelki im Gespräch mit Flüchtlingen / © Rolf Vennenbernd (dpa)
Kardinal Woelki im Gespräch mit Flüchtlingen / © Rolf Vennenbernd ( dpa )
Quelle:
KNA , DR