Caritas begrüßt Organspende-Initiative

"Richtiger Weg zum Sechs-Augen-Prinzip"

Über eines herrscht Einigkeit zwischen Bund, Ländern und den Institutionen, die in Deutschland die Organspenden organisieren: Der Staat soll sich weiter raushalten. Ein wenig mehr Kontrolle, weitere Experten und Prüfberichte sollen es richten. Eine Bewertung des Kölner Diözesan-Caritasdirektors Frank Johannes Hensel für domradio.de.

 (DR)

Mehr Kontrollen und staatliche Aufsicht sollen das Vertrauen in die Transplantationsmedizin in Deutschland wiederherstellen. Nach einem Spitzentreffen zum Organspende-Skandal sagte Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) am Montag in Berlin, Bund und Länder sollten künftig in der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) vertreten sein. Die Stiftung koordiniert die Organspenden in Deutschland. Vertreter der Bundesländer können seit August bei Kontrollen durch die zuständigen Kommissionen mitwirken. Dies müsse genutzt werden, forderte der saarländische Gesundheitsminister Andreas Storm (CDU). Patientenschützer zeigten sich von dem Treffen enttäuscht.



Bahr hatte alle beteiligten Organisationen, die Spitzenverbände der Krankenkassen, der Ärzte und Kliniken sowie Länderminister zu einem Austausch eingeladen. Die Runde verständigte sich unter anderem darauf, die Prüfungskommissionen der Bundesärztekammer zu verstärken, an der auch die Krankenkassen und Kliniken beteiligt sind. Die Prüfberichte sollen veröffentlicht werden. Die Kliniken sollen intern eigene Kontrolleure einsetzen, um die Entscheidungen der Transplantationsmediziner zu prüfen und zu dokumentieren. Wenige schwarze Schafe dürften nicht prägend sein für die ganze Herde, sagte Bahr.



Keine "neue Superbehörde"

Man sei sich einig, dass für mehr Transparenz und Kontrollen "keine neue Superbehörde" notwendig sei, sagte Bahr. Bund, Länder und die Organspende-Institutionen wandten sich damit gegen Forderungen von Patientenschützern und der Opposition, die Organspende ganz in staatliche Hände zu legen. An diesem Dienstag will sich der Gesundheitsminister mit den Vorsitzenden der Bundestagsfraktionen treffen. Längerfristig könnten gesetzliche Änderungen notwendig werden, sagte Bahr.

      

Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, verteidigte die Transplantationsmedizin. Die geringe Zahl der Verstöße in zehn Jahren zeige, dass professionell gearbeitet werde. In Regenburg und Göttingen sei mit krimineller Energie vorgegangen worden.



Enttäuschte Patientenschützer

An Kliniken in Regensburg und Göttingen sollen Daten zum Vorteil bestimmter Patienten manipuliert worden sein, die auf ein Spenderorgan warteten. Nach Angaben der Bundesärztekammer hat es in den Jahren 2000 bis 2011 bei Organverpflanzungen insgesamt 31 Verstöße gegen die Richtlinien gegeben, wovon 21 an staatliche Behörden oder andere Institutionen weitergemeldet wurden. Bei 50.700 Transplantationen gab es 119 Auffälligkeiten. Die Erkenntnisse gehen indes auf Stichproben zurück.



Die Bundesärztekammer veröffentlichte den Bericht am Montag, nachdem sie sich zunächst geweigert hatte. Unter den 21 gemeldeten Vorfällen sind auch die Manipulationen am Regensburger Transplantationszentrum. Der Göttinger Fall ist noch nicht dokumentiert.



Patientenschützer zeigten sich enttäuscht von dem Ergebnis des Treffens. Nur bei fünf Prozent der Organverpflanzungen finde überhaupt eine Überprüfung statt, erklärte Eugen Brysch von der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung. Das bedeute hochgerechnet, dass bei zehn Prozent der untersuchten Fälle Auffälligkeiten festgestellt würden. Gleichwohl fehle bislang jede Bereitschaft, das Transplantationsrecht in Deutschland neu zu regeln, kritisierte Brysch.