Caritas verlangt bessere Aufklärung beim Bildungspaket

Fehlendes Wissen

Zu wenig Informationen, zu kurze Fristen: Der Caritasverband kritisiert den Start des neuen Bildungspakets für benachteiligte Kinder. "Nicht alle antragberechtigten Familien kennen ihre Rechte." Kölns Caritas-Direktor Hensel ist deshalb für längere Antragsfristen.

 (DR)

"Wichtig ist, dass jetzt alle Leistungsberechtigten rechtzeitig von den zuständigen Stellen angeschrieben werden, bis wann und wie sie die Leistungen beantragen können", beschreibt Caritas-Präsident Peter Neher die nächsten Schritte.



Caritas: "Die Fristen müssen bis zum Jahresende verlängert werden"

"Die Fristen müssen bis zum Jahresende verlängert werden, damit auch wirklich alle berechtigten Kinder und Jugendliche rückwirkend zum ersten Januar Zugang zu den neuen Leistungen für Bildung und Teilhabe erhalten", macht Neher deutlich.



Erstattet werden nachgewiesene Kosten etwa für Schul- und Kitaausflüge und den Nachhilfeunterricht. Für die Mittagsverpflegung in Schulen oder Kitas wird für die Zeit ab dem 1. Januar 2011 ein Zuschuss von monatlich 26 Euro und für Beiträge etwa für einen Sportverein oder Musikunterricht ein Betrag von 10 Euro gewährt. Der Antrag muss beim Jobcenter, dem Sozialamt der Kommune oder bei der Familienkasse eingereicht werden.



Nicht nur Kinder von Hartz IV-Empfängern sind berechtigt

Leistungsberechtigt sind nicht nur Kinder von Hartz IV-Empfängern, sondern auch Familien, die Sozialhilfe, Wohngeld oder den Kinderzuschlag erhalten. Das Gesetz zum Bildungs- und Teilhabepaket war am 29. März 2011 wirksam geworden.



Kölns Diözesan-Caritasdirektor Frank Johannes Hensel rief Antragsberechtigte auf: "Fordern Sie das Geld ein! Es steht Ihnen zu!" Noch bis zum 30. April 2011 können Familien ihren Antrag auf Nachzahlungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket einreichen.



Dauerhafte Schulsozialarbeit von Seiten der Kommunen gefordert

Als einen weiteren Schritt sollten Kommunen, die schon bisher Schulmittagessen und Vereinsbeiträge bezuschusst haben, diese Mittel anderweitig ausgeben. "Jetzt kommt es darauf an, dass die Kommunen Strukturen aufbauen, die eine verlässliche Förderung von benachteiligten Kindern und Jugendlichen garantieren. Schulsozialarbeit muss beispielsweise dauerhaft gesichert werden", so der Caritasverband.





Angesichts des geringen Interesses an den Angeboten für Kinder aus Hartz-IV-Familien will Arbeits- und Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) allen betroffenen Familien einen Brief schreiben. "Bildung der Kinder ist der Weg aus Hartz IV", sagte von der Leyen der "Passauer Neuen Presse". "Deswegen halte ich es für richtig, jede Hartz-IV-Familie einzeln anzuschreiben." Schließlich gehöre das Bildungspaket ebenso zum Existenzminimum der Kinder wie Nahrung und ein Dach über dem Kopf. Die Verwaltung müsse aktiv auf die Eltern zugehen.



Runder Tisch zum Bildungspaket am Gründonnerstag

Die Ministerin fordert aber auch von Erziehungsberechtigen, dass sie "ihren Teil der Verantwortung wahrnehmen". Leyen sagte weiter: "Sie sind ja in der Lage, ihren Hartz-IV-Regelsatz und die Mietkosten zu beantragen, warum sollen sie keinen Antrag für das Bildungspaket der Kinder stellen können?" Bei der Umsetzung des Bildungspakets sieht von der Leyen aber auch Lehrer, Kita-Erzieher oder Vereinsmitglieder in der Pflicht - alle müssten mithelfen. Die Ministerin hat Vertreter von Kommunen und Ländern, die die Verantwortung für die Umsetzung des Bildungspakets tragen, zu einem Gespräch über die Startphase des Bildungspaketes eingeladen. Der "runde Tisch" findet am 21. April im Bundesministerium für Arbeit und Soziales statt.



Bildungspaket ist für 2,5 Millionen Kinder geschnürt

Nach einer Umfrage von "Spiegel Online" haben erst zwei Prozent der Berechtigten in den größten deutschen Städten einen Antrag bei ihrem Jobcenter auf Leistungen aus dem Bildungspaket gestellt. Sie stehen insgesamt rund 2,5 Millionen Kindern zu, deren Eltern entweder Hartz-IV-Leistungen, Wohngeld oder den Kinderzuschlag für Geringverdiener beziehen.



Auch der Präsident des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, kritisierte die Umsetzung des Bildungspakets. Jugendhilfe funktioniere so nicht, sagte Schneider am Mittwoch im ZDF-"Morgenmagazin". "Man hat sich hier ganz dem ministerialbürokratischen Denken unterworfen: Wenn jemand was will, dann soll er kommen und einen Antrag stellen - so klappt es einfach nicht", fügte Schneider hinzu. Jeder in der Jugendhilfe wisse, dass man die Kinder und Jugendlichen an den Schulen, in den Kitas, in den Jugendzentren und auf der Straße abholen müsse. "Dann kommen wir an die Kinder und Jugendlichen ran, aber bestimmt nicht, indem man irgendwo einen Antrag an die Wand nagelt und sagt: füll mal aus", sagte Schneider.



Bei Fragen zur Beantragung von Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket gibt der Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln Auskunft unter der Rufnummer 0221-2010-248