Kölner Caritas begrüßt Kita-Versprechen der Bundesregierung

Die Zielqouten sind absolut sinnvoll

Peter Krücker ist beim Caritasverband der Stadt Köln für die Kindertagesstätten zuständig. Im domradio.de-Interview begrüßt er den Rechtsanspruch auf einer U3-Kita-Platz, sieht aber Probleme bei der Realisierung und eine deutliche Überforderung für Stadt und Träger.

 (DR)

domradio.de: Herr Krücker, wie realistisch ist denn das Versprechen der Bundesfamilienministerin?
Peter Krücker: Dieses Versprechen ist generell eine sehr gute Zielquote und fordert eine Entwicklung im Betreuungsbereich, die absolut sinnvoll ist. Die Kommunen sind jedoch sehr unterschiedlich in der Lage, diese Zielquoten zu erreichen. Und für Köln sieht es da ziemlich mau aus.

domradio.de: Das heißt?
Krücker: Wir haben momentan in Köln rund 8.500 Plätze für Kinder unter drei Jahren. Die Zielquote von 35% würde bedeuten, dass hier rund 17.000 Plätze benötigt werden, d.h. die Stadt Köln ist gezwungen, innerhalb von zwei Jahren rund 10.000 neue Plätze zu schaffen. Das ist eine deutliche Überforderung der Stadt.

domradio.de: Wie wird denn der Kölner Caritasverband auf diese Situation reagieren?
Krücker: Der Kölner Caritasverband unterstützt die Stadt natürlich in ihren Bemühungen, zusätzliche Plätze zu schaffen. Das geschieht sowohl in den Kindertagesstätten als auch im System der Tagespflege, also über Tagesmütter. Wir arbeiten gemeinsam mit der Verwaltung und auch in Arbeitsgruppen mit den anderen Wohlfahrtsverbänden und versuchen die Stadt massiv zu unterstützen. Für die geforderten 10.000 neuen Plätze sind ganz neue Einrichtungen erforderlich, um überhaupt den Platzbedarf zu erfüllen. Solche Plätze können und sollen natürlich auch bei freien Trägern entstehen. Die freien Träger verhandeln derzeit mit der Stadt über die Bedingungen, unter denen diese neue Plätze entstehen können.

domradio.de: Wenn der Rechtsanspruch auf den Kita-Platz tatsächlich wirksam wird, droht dann nicht eine Klagewelle abgewiesener Eltern?
Krücker: Das ist durchaus möglich, zumal für Köln damit gerechnet wird, dass der Bedarf an Versorgungs- und Betreuungsplätzen für Kinder unter drei noch deutlich höher ist als die im Gesetz formulierten 35%. Für Köln ist man immer schon davon ausgegangen, dass rund 40% Versorgungsquote gedeckt werden muss, und OB Roters hat in seinem Wahlkampf sogar versprochen, dass für 50% der Kinder Plätze entstehen sollen. Das heißt, es werden einzelne Eltern klagen und die Stadtverwaltung wird große Mühe damit haben, für diese Eltern auch einen Platz anzubieten. Aber es werden ja nicht alle Eltern klagen, sondern nur einzelne, so dass man über die Versorgungsquote diesen einzelnen wird gerecht werden können. Das ist aber kein vollkommen gerechtes System.

domradio.de: Der Mangel an Kindertagesstätten ist das eine, der Mangel an Erzieher/innen ist das andere. Die Lösung von Kristina Schröder lautet: Arbeitslose Männer sollen umgeschult werden. Was halten Sie denn davon?
Krücker: Ich halte es für sehr schwierig, über Umschulungen zusätzliches Personal zu rekrutieren. Auf die von mir eben genannten Zahlen hin berechnet fehlen in Köln voraussichtlich 700 Erzieher/innen, um das Personal für solche Betreuungseinrichtungen zu stellen. Die freien Träger und die Stadt reden gemeinsam mit den Ausbildungsschulen für Erzieher/innen, um hier zusätzliches Personal so schnell wie möglich auszubilden. Da leisten die Schulen auch viel. Eine schnelle Umschulung wird den Anforderungen, die gerade die Betreuung von Kleinkinder in Tagesstätten erfordert, nicht gerecht.

domradio.de: Was fordern Sie nun konkret von der Bundesregierung?
Krücker: Wir fordern, dass die Kommunen und Kreise deutlich stärker unterstützt werden, um den Ausbau zu gewährleisten. Die Bundesregierung hat hier eine Zielquote vorgegeben, auf der anderen Seite aber die Finanzen nicht so geregelt, dass die Kommunen und Kreise die Plätze wirklich schaffen können. Es mangelt schlichtweg an Geld, um neue Einrichtungen zu bauen, bestehende Einrichtungen zu erweitern, entsprechendes Personal gut auszubilden und die Infrastruktur herzustellen. Hier muss der Bund mit Geld massiv nachhelfen.