Der Umbau der Berliner Kathedrale stockt

Gesteinsbrocken lösen behördlichen Baustopp aus

Der Streit um den Umbau der Berliner Hedwigskathedrale geht in eine neue Runde. Das Bezirksamt Mitte verhängte einen Baustopp wegen des Verdachts, die Arbeiten könnten nicht genehmigt sein. Ein Missverständnis aus Sicht der Kirche.

Autor/in:
Nina Schmedding
Hedwigs-Kathedrale in Berlin (Erzbistum Berlin)

Eigentlich schien die Sache längst geklärt: Die Berliner Sankt-Hedwigs-Kathedrale darf im Inneren tiefgreifend umgebaut werden - nach langen innerkirchlichen Debatten seit 2018 und mit Genehmigung der Obersten Denkmalschutzbehörde des Landes Berlin.

"Ungenehmigte bzw. denkmalrechtlich nicht abgestimmte Abbrucharbeiten"

Seit vergangenem September ist die katholische Bischofskirche geschlossen, es laufen nach Aussage des Erzbistums "bauvorbereitende Maßnahmen". Doch jetzt gerät das Projekt ins Stocken: Das Bezirksamt Mitte verhängte einen Baustopp für "ungenehmigte bzw. denkmalrechtlich nicht abgestimmte Abbrucharbeiten".

Die Entscheidung fiel mit Datum vom 13. September auf Initiative der Gruppe "Freunde der Hedwigskathedrale", die seit Jahren als scharfe Kritiker der Umgestaltung auftreten. Sie wenden sich unter anderem gegen das Vorhaben, die ungewöhnliche Bodenöffnung im Zentrum des Rundbaus mit Treppe zur Unterkirche zu schließen. Vor der Kathedrale liegende Gesteinsbrocken lassen die Gruppe offenbar vermuten, das Erzbistum habe bereits mit dem Innenumbau begonnen - ohne eine Baugenehmigung beantragt zu haben.

Erzbistum Berlin: Bauvorbereitende Arbeiten

"Kleinere Altäre mussten abgebrochen und aus dem Boden gestemmt werden, daher die Gesteinsbrocken", erklärt dagegen Bistumssprecher Stefan Förner. "Ungenehmigte beziehungsweise denkmalrechtlich nicht abgestimmte Abbrucharbeiten", wie das Bezirksamt schreibt, habe es hingegen nicht gegeben. Es handle sich nur um "bauvorbereitende Arbeiten" wie etwa den vorübergehenden Rückbau der Orgel und eben gottesdienstlicher Einbauten, was das Erzbistum bereits vor Wochen öffentlich kommuniziert habe.

Er erhoffe sich Klärung "etwaiger Missverständnisse" durch ein bereits vereinbartes Gespräch von Dompropst Tobias Przytarski mit den für den Denkmalschutz zuständigen Vertretern, betont Förner. Ohnehin sei vorgesehen, nach erhaltener Baugenehmigung nicht mit der Schließung der Bodenöffnung, sondern mit der Sanierung des Daches zu beginnen.

Klage wegen fehlender Befugnis wurde abgelehnt

Der Architekt Hans Schwippert (1899-1973) hatte die Bodenöffnung beim Wiederaufbau der ausgebombten Kirche nach dem Zweiten Weltkrieg angelegt. Bei der Umgestaltung soll der Altar im Zentrum der Rundkirche platziert werden, um besser nach den gegenwärtigen kirchlichen Vorgaben Gottesdienste feiern zu können, wirbt Erzbischof Heiner Koch um Verständnis.

Diese liturgischen Belange waren ausschlaggebend für die - mit Bedauern verbundene - Genehmigung der Denkmalschutzbehörde: Religionsgemeinschaften haben bei Umbauten von Sakralbauten mit Blick auf gottesdienstliche Erfordernisse Selbstbestimmungsrechte, die anderen Eigentümern von denkmalgeschützten Gebäuden abgehen. Bis 2023 soll der Umbau, für den Kosten in Höhe von 43 Millionen Euro veranschlagt werden, fertig sein. Zu zwei Dritteln wird das Projekt vom Bistum und den deutschen Diözesen und etwa zu einem Drittel vom Bund und dem Land Berlin finanziert.

Die Künstler, die um 1960 am Wiederaufbau der Kirche beteiligt waren sowie deren Rechtsnachfolger, hatten bereits im Januar gegen die Umgestaltung geklagt - ohne Erfolg. Sie wollen erreichen, dass die denkmalrechtliche Genehmigung des Umbaus aufgehoben wird. Das Berliner Verwaltungsgericht lehnte die Klage damals wegen fehlender Befugnis ab.

Freunde der Hedwigskathedrale beklagen heimlichen Abriss des denkmalgeschützten Marmorfußbodens

Einen zweiten Versuch starten die Künstler aus Ost und West, die zu DDR-Zeiten den Innenraum gestaltet haben, deshalb am 15. Oktober beim Berliner Landgericht: Ihre Klage auf Verletzung ihrer Urheberrechte hätte allerdings nur Erfolg, wenn die betreffenden Kunstwerke nur verändert werden, sagen Rechtsexperten. Wenn sie komplett beseitigt würden, sei die Klage gegenstandslos.

Bei diesem Punkt setzen die "Freunde der Hedwigskathedrale" an: In einer online veröffentlichten Stellungnahme äußern sie den Verdacht, dass die Arbeiten im Kircheninneren "destruktive Tatsachen schaffen, die das Verfahren behindern". Es gehe um die "vollständige Vernichtung des Gesamtkunstwerks", zu dem etwa ein heimlicher Abriss des denkmalgeschützten Marmorfußbodens gehöre.

Von einer "vollständigen Zerstörung" könne aber nicht die Rede sein, versichert Bistumssprecher Förner. Der Fußboden sei nur dort "in kleinen Teilen" beschädigt, wo die Altäre aus dem Boden gestemmt worden seien. Man darf gespannt sein, wie das Landgericht dies sieht.


Quelle:
KNA