Ein Kommentar zur Lage des Kirchenschiffs

Rette sich wer kann!

Das war kein gutes Jahr für die deutsche Kirche und die ganze Weltkirche. Missbrauch. Ein Wort reicht, um die prekäre Lage zu beschreiben. Aber es gibt Hoffnung, meint DOMRADIO.DE Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen.

Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen / © Edgar Schoepal (DR)
Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen / © Edgar Schoepal ( DR )

SOS - Save our Souls - Rettet unserer Seelen! Ja, Kirche und Gesellschaft sind derzeit wirklich in bedrohlichem Fahrwasser. Viele haben Angst. Niemand scheint so recht zu wissen, wie es weiter gehen soll. Die momentane Lage des Kirchenschiffs ist nach den vielen Fällen von Missbrauch offensichtlich besonders schlimm. Vieles erinnert an die Situation auf der Titanic nach der Kollision mit dem Eisberg. Sinkt das Schiff? Ist es gar schon verloren? Die Situation oben auf der Brücke ist unübersichtlich. Von den bischöflichen Steuermännern kommen unterschiedliche Kommandos. Während die einen einen neuen Kurs und das "Kommando volle Kraft voraus" ausgegeben haben - haben andere den Rückwärtsgang eingelegt und träumen von den guten alten Zeiten. Damals, als in der christlichen Seefahrt vom Oberdeck bis zum Unterdeck noch alles in Ordnung war, solange nur die Befehle von oben eingehalten wurden.  Und die Passagiere? Genauso kopflos wie die da oben. Ein Teil hat sich getreu dem Motto: "Jetzt hilft nur noch beten" in die Kapelle zurückgezogen - die anderen tanzen lieber auf dem Vulkan zu den Klängen der Bordkapelle - so als ob es kein Morgen gäbe. Alles läuft kreuz und quer durcheinander - verängstigt und kopflos. Jeder macht was er will - und verantwortlich sind eh immer die anderen - im Zweifelsfall die da oben… Und denen ganz unten - ihnen steht das Wasser schon bis zum Hals.

Jetzt heißt es: Rette sich wer kann - jetzt ist jeder sich selbst der Nächste. Die Zeit der Egoshooter. Rette sich wer kann - von wegen Flüchtlinge und Fremde, Alte und Kranke, Frauen und Kinder zuerst. Rette sich wer kann - nur raus aus der Kirche - bloß runter von diesem sinkenden Schiff. SOS.

Und mitten hinein in dieses Untergangschaos auf dem Kirchenschiff funkt da von oben der Engel die weihnachtliche Botschaft: "Fürchtet Euch nicht - ich verkünde Euch große Freude, die allen zu Teil wird. Heute ist Euch in der Stadt David, die Bethlehem heißt, der Retter geboren, welcher ist Christus der Herr!" Ist das nicht zu schön um wahr zu sein? Aber es ist wahr - damals wie heute.  "Christus, der Retter ist da!" Er rettet uns! "Menschen, die ihr ward verloren - stehet auf und freut Euch. Heut ist Gottes Sohn geboren - Heut ward er den Menschen gleich..." Und genau das ist jetzt angesagt: Aufstehen und Mensch werden. Wie Jesus Christus müssen auch wir wieder Mensch werden. Hungernden zu Essen geben, Obdachlosen ein Dach über dem Kopf, Fremden eine neue Heimat - Einsame und Kranke besuchen - Trauernde trösten. Menschwerdung kann so einfach sein. Es ist kinderleicht - das macht uns das Christkind in der Krippe vor. Ja, Christus der Retter ist da! Er rettet unsere Seelen, weil er uns vormacht, wie Menschwerdung funktioniert! Also auf jetzt - Menschen die Ihr ward verloren. Steht endlich auf und freuet Euch. Heut ist Gottes Sohn geboren - Heut ward er den Menschen gleich!