Experten diskutieren neue Formen der Kirchenumnutzungen

Sakralraum als Mehrzweckraum?

Theologen haben dafür geworben, soziale Aspekte bei einer Umnutzung von Kirchengebäuden stärker miteinzubeziehen. Das ist eines der Ergebnisse einer interdisziplinären Expertentagung der Theologischen Fakultät der Universität Leipzig.

Restaurant in einer ehemaligen Kirche in Rom / © Cristian Gennari (KNA)
Restaurant in einer ehemaligen Kirche in Rom / © Cristian Gennari ( KNA )

Auf dieser Konferenz schilderte der Organisator und Professor für Praktische Theologie, Alexander Deeg, am Montagabend, dass Umnutzungen in Kooperation mit diakonischen und sozialen Trägern gerade erst in den Blick kämen. Bislang dominierten eher kommerzielle oder kulturelle Zwecke.

Citykirchen, Gemeindezentren und Dorfkirchen

Deeg sieht jedoch eine Trendwende: "Heute wird die Trennung von Gemeinde und diakonischen Einrichtungen oft bedauert und besonders im Blick auf die gemeinsame Orientierung am Sozialraum neu zu verknüpfen gesucht." Die Zusammenarbeit mit diakonischen Akteuren biete "einen interessanten Zwischenbereich" zwischen dem Verkauf an private oder kommerzielle Nachnutzer und der Vermietung an kulturelle Akteure.

Citykirchen, Gemeindezentren und Dorfkirchen könnten so zu "offenen Räumen der Gastlichkeit", zu Schutzräumen und "Orten grenzübergreifender Gemeinschaft" werden.

Jan Hermelink, Professor für Praktische Theologie in Göttingen, erklärte, wie Gemeindezentren vom sakralen Raum aus einen sozialen Raum öffnen können: Wichtig seien dabei eine architektonische Offenheit und Transparenz sowie ein "sozial-inklusiver Charakter".

Sakralraum als Mehrzweckraum?

Auch eine integrierte Nutzung des Sakralraums als Mehrzweckraum sei in diesem Rahmen möglich. Zugleich könnten dadurch religiöse Impulse in die soziale Arbeit gegeben werden. Bei der Konzeption sollte Hermelink zufolge auch immer die Frage eine Rolle spielen, welches "Bild von Kirche im Sozialraum" das Ensemble eines kirchlichen Raums vermittele.

Hilke Rebenstorf, Referentin am Sozialwissenschaftlichen Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland, erläuterte, Citykirchen hätten neben der sozial-seelsorgerischen, lebensbegleitenden Funktion für Einzelne auch eine überindividuelle Funktion. Durch die hohe öffentliche Wahrnehmung im Stadtzentrum seien sie auch Mahnerinnen an die Stadtgesellschaft, die auf die Bedürfnisse und Nöte Benachteiligter hinwiesen.

Sie zeigten soziale Brüche auf und seien doch zugleich einladend.


Buchhandlung in einem früheren Kloster / © Alexander Brüggemann (KNA)
Buchhandlung in einem früheren Kloster / © Alexander Brüggemann ( KNA )
Quelle:
KNA
Mehr zum Thema