Theologe: Kirche muss Weichen nach Corona-Krise richtig stellen

Kritische Bestandsaufnahme

Der Mainzer katholische Pastoraltheologe Philipp Müller sieht die katholische Kirche angesichts der Corona-Krise in einer Zwickmühle. Die Kirche müsse intensiv darüber nachdenken, was in der Krise schlecht und was gut gelaufen sei. 

Symbolbild Spaziergang, auf dem Weg / © Morakot Kawinchan (shutterstock)
Symbolbild Spaziergang, auf dem Weg / © Morakot Kawinchan ( shutterstock )

Einerseits müssten Bistümer und Gemeinden wegen sinkender Kirchensteuereinnahmen zügig sparen. Andererseits müssten sie intensiv darüber nachdenken, was in der Krise gut und was schlecht gelaufen sei, um die Weichen für die Zukunft richtig stellen zu können, schreibt Müller am Donnerstag in einem Beitrag für das Internetportal katholisch.de.

Neue Ideen und kreative Initiativen 

Er sprach sich für eine kritische Bestandsaufnahme aus, die "weder im reinen Verteidigungsmodus erfolgen noch den Charakter der Selbstzerfleischung annehmen" solle.

Es müsse nüchtern überprüft werden, ob die Kirche sich auch und gerade in Corona-Zeiten von "der Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art" habe berühren lassen, ob sie für die Menschen da war und ob sie auf der Basis des christlichen Glaubens stärken und trösten konnte. Dabei dürften neue Ideen und kreative Initiativen bei der Rückkehr zur gesellschaftlichen und pastoralen Normalität nicht wieder im Sande verlaufen.

Selbstlos für die Menschen da sein

Der Theologe warnte zugleich davor, die Herausforderungen der vergangenen Monate vorschnell zu einer "pastoralen Chance" zu verklären. Das berge "die Gefahr in sich, die Notsituation von Menschen für eine bessere kirchliche Reputation verzwecken zu wollen - eine Verlockung, der eine durch den Missbrauchsskandal arg ramponierte Kirche keinesfalls erliegen sollte. Denn die Kirche ist umso glaubwürdiger und pastoral fruchtbarer, je mehr sie versucht, selbstlos für die Menschen da zu sein."

Umfrage im Bistum Mainz

Die Kirche ist einer Umfrage zufolge für viele junge Menschen unwichtig und kein Ansprechpartner in großen Lebensfragen. "Insbesondere bei den Rückmeldungen der Unter-18-Jährigen wird spürbar, dass Kirche sich perspektivisch anstrengen muss, um noch als relevante Ansprechpartnerin wahrgenommen zu werden", heißt es in einer am Montag veröffentlichten Studie des Netzwerks "Junge Erwachsene im Bistum Mainz". Bischof Peter Kohlgraf forderte bei ihrer Entgegennahme ein verstärktes Nachdenken über Angebote für junge Menschen.

In der Altersgruppe unter 18 Jahren sehen der Umfrage zufolge gut 9 Prozent die Kirche uneingeschränkt als mögliche Gesprächspartnerin für ihre Lebensthemen, für rund 41 Prozent ist sie das teilweise. "Aber für fast jeden Zweiten (47,8 Prozent) ist sie in Bezug auf die Lebensthemen irrelevant", heißt es. Dieses Ergebnis sei ernüchternd, bilanzieren die Autoren.


Quelle:
KNA
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