Opfer fordern Umbenennung des Bischof-Stein-Platzes

Vertuschungsvorwürfe gegen früheren Bischof

Was genau wusste der frühere Trierer Bischof Bernhard Stein? Die Initiative Missbit wirft ihm vor, sexuellen Missbrauch vertuscht zu haben. Der Bischof-Stein-Platz in Trier könnte nun umbenannt werden.

Autor/in:
Anna Fries
Blick auf den Trierer Dom / © NatalyaBond (shutterstock)
Blick auf den Trierer Dom / © NatalyaBond ( shutterstock )

Die Initiative Missbit erhebt schwere Vorwürfe gegen den früheren Trierer Bischof Bernhard Stein (1904-1993): Er habe in seiner Amtszeit von 1967 bis 1980 von sexuellem Missbrauch durch Kleriker nicht nur gewusst, sondern Taten und Täter gedeckt, indem er übergriffige Priester lediglich versetzt habe.

Und das in einem Fall sogar entgegen der ausdrücklichen Warnung seines Offizials. Außer Aufklärung fordert die Initiative nun einen symbolischen Akt öffentlicher Anteilnahme: Die Stadt solle dem zentral in der Trierer Altstadt gelegenen Bischof-Stein-Platz einen neuen Namen geben.

Die Vorwürfe basieren auf Recherchen des Trierer Historikers und Missbit-Sprechers Thomas Schnitzler, der seine Ergebnisse am Dienstagabend in Trier vorstellte. Schnitzler bezieht sich auf Dokumente aus Personalakten beschuldigter Priester, die er demnach als selbst Betroffener einsehen konnte. Weiter stützt er sich auf Aussagen von Betroffenen und Menschen aus deren Umfeld.

Bischof-Stein-Platz umbenennen?

Schnitzler sammelte demnach Angaben zu Priestern der Weihejahrgänge von 1945 bis 1980 aus dem Bistum. Auf 26 Kleriker ging der Historiker detailliert ein, zeigte Bilder der Beschuldigten, nannte die ihnen zur Last gelegten Taten und ihren weiteren Werdegang. Einige seien mehrfach versetzt worden. Viele hätten auch dann weiter mit Kindern, in Schulen oder Krankenhäusern gearbeitet, als ihnen bereits Missbrauch vorgeworfen worden sei. Die späteren Einsatzorte seien nicht über die Anschuldigungen informiert und Personalakten geschwärzt worden, kritisiert der Historiker.

Schnitzler schlug vor, den Bischof-Stein-Platz in "Platz der Menschenwürde" umzubenennen. Die Stadt müsse überlegen, ob dieser Bischof der Ehre wert sei, die ihm mit der Namensgebung des Platzes zukomme, so der Historiker.

Das Bistum kündigte an, die Rolle Steins und dessen Umgang mit Missbrauch im Zuge der bistumsweiten Aufarbeitung beleuchten zu wollen. Dabei würden die mit dem Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, vereinbarten Kriterien eingehalten. "Vor dem Ergebnis einer solchen Aufarbeitung, für die es eine unabhängige Kommission geben wird, ist die Frage nach einer Umbenennung des Platzes verfrüht", so das Bistum.

Konkrete Fallbeschreibung

Mehrere Fälle beschreibt Schnitzler konkret und detailliert: Ein Fall dreht sich um einen früheren Kaplan in Trier-Kürenz. Der Historiker bezieht sich auf einen Brief des damaligen Offizials an Stein, datiert vom 23. März 1968. Darin forderte der Leiter des kirchlichen Gerichts den Bischof auf, ein Verfahren gegen einen mehrfach des Missbrauchs beschuldigten Kaplan einzuleiten. In dem Brief heißt es, der Offizial habe mit der Mutter eines betroffenen Jungen gesprochen.

Der Offizial empfahl demnach, den Kaplan zu suspendieren. "Es erscheint mir untragbar, dass die genannten Verfehlungen ungesühnt bleiben." Wie und ob Stein dem Offizial antwortete, ist unbekannt. In einem Brief vom 1. Juli 1968 teilt der Bischof dem Kaplan mit, dass er ihn von seiner Stelle in Trier-Kürenz nach Bettingen in die Eifel versetze. Ein solches Vorgehen ist laut Schnitzler kein Einzelfall.

Die Stimmung unter den Zuhörern ist am Dienstagabend ruhig und zugleich angespannt. Als Schnitzler die einzelnen Beschuldigten vorstellt, hört man Getuschel - von "den kannte ich" bis zu Beleidigungen des mutmaßlichen Täters. Zuhörer melden sich zu Wort, äußern Unverständnis darüber, wie mit Betroffenen und Beschuldigten umgegangen worden sei. Und Wut darüber, dass ihnen niemand vom Bistum bei der Veranstaltung offiziell als Ansprechpartner Rede und Antwort stehe.

Von der Kirche erhofften sie sich nichts mehr, sagen sie. Hoffnungen setzen sie hingegen in die Politik: "Wenn der Bischof-Stein-Platz fällt, dann sind die kirchlichen Machtstrukturen angekratzt", sagt ein Zuhörer.


Quelle:
KNA