Fachmesse "pastorale!" reflektiert Kirchesein in Ostdeutschland

"Neues Selbstbewusstsein spürbar"

Der Osten Deutschlands ist in Sachen Säkularisierung deutlich weiter als der Westen. Die Fachmesse "pastorale!" in Magdeburg stellte an ungewöhnlichen Beispielen vor, was Christen auch als Minderheit bewirken können.

Autor/in:
Karin Wollschläger
Weisheit, Gedanken, Puzzle (Symbolbild) / © Orawan Pattarawimonchai (shutterstock)
Weisheit, Gedanken, Puzzle (Symbolbild) / © Orawan Pattarawimonchai ( shutterstock )

Es war im Grunde ein ostdeutscher Katholikentag: Bei der "pastorale!" diskutierten in Magdeburg drei Tage lang Haupt- und Ehrenamtliche, Bischöfe, Priester und Laien über die gegenwärtigen Herausforderungen für die Kirche. Dabei war der Fokus längst nicht so binnenkirchlich, wie er zuweilen bei Katholikentagen im Westen ist.

Bei insgesamt rund 100 Workshops, Vorträgen, Best-Practice-Beispielen und Gesprächspodien diskutierten die Teilnehmer nicht nur die Rolle der Christen in einem säkularen Umfeld. Sie dachten immer auch die Perspektive "der Anderen" mit, die keinerlei Bezugspunkte zu Kirche haben.

Perspektivwechsel und "Ökumene dritter Art"

Zum Auftakt der kirchlichen Fachmesse und Ideenbörse gab der Religionsphilosoph Eberhard Tiefensee die Richtung vor, indem er zum Umdenken aufrief: "Es geht nicht um ein 'Comeback der Kirche', sondern um 'die Anderen'." Es gehe um einen Wechsel der Perspektive: "Mission ist Sendung, nicht Magnetismus." Was das konkret bedeutet, zeigte sich etwa in Workshops wie "Trauerarbeit mit konfessionslosen Menschen", "Christliche Spiritualität in Freizeit und Tourismus" oder "Straßenexerzitien".

Tiefensee plädierte für eine "Ökumene der dritten Art" zwischen Religiösen und Nicht-Religiösen. Dazu gehöre, dass man möglichst viel gemeinsam mache, respektvoll und wertschätzend das eigene Profil aneinander schärfe und niemand versuche, den jeweils Anderen auf die eigene Seite zu ziehen: "Was die Anderen mit unserem Angebot machen, ist ihre Sache." Wichtig sei, Nicht-Religiöse nicht als "mangelhaft und defizient" zu betrachten: "Sonst kommunizieren wir nicht auf Augenhöhe."

Rund 1.300 Teilnehmer kamen nach Angaben der Veranstalter zur "pastorale!". Das mag aus West-Perspektive wenig erscheinen, doch mit Blick auf die Minderheitenlage in Ostdeutschland stellt sich das anders dar: "Das Interesse hat unsere Erwartungen klar übertroffen", sagt Guido Erbrich, Leiter des katholischen Roncalli-Hauses in Magdeburg und einer der Hauptorganisatoren. "Hier war ein neues Selbstbewusstsein der Kirche im Osten spürbar."

Großes Engagement von Laien

Vielleicht lag dies auch an einem neuen Schulterschluss: Verbände, Einrichtungen und Initiativen aus allen neuen Bundesländern wirkten an diesem "Gemeinschaftsprojekt" mit, wobei das federführende Engagement der Laien hervorstach. Mit enormem Engagement wurde die Organisation der Veranstaltung größtenteils ehrenamtlich gestemmt.

Bei einer Wiederholung, die - so vielfach zu hören - sehr gewünscht ist, täten die Bistümer gut daran, so viel ehrenamtlichen Einsatz nicht als selbstverständlich vorauszusetzen. Erbrich zeigte sich auch erfreut über die Diskussionskultur: "Beeindruckend, wie Menschen aus den unterschiedlichsten Positionen innerhalb der Kirche miteinander auf Augenhöhe diskutiert haben.

Statt Polemiken und großen Kontroversen haben wir konstruktive, in der Sache offene Gespräche erlebt." Das mache auch für den anstehenden "synodalen Weg" der Kirche Mut.

Bischof Feige: Impulse über den Osten hinaus

Nicht zuletzt bekam durch die "pastorale!" die Ost-Perspektive mehr Öffentlichkeit. Magdeburgs Bischof Gerhard Feige stellte unmissverständlich klar: "Das ist hier keine Ostalgie-Veranstaltung.

Die besonderen Voraussetzungen in Ostdeutschland fordern uns heraus, über unsere Situation noch einmal intensiver nachzudenken." Dazu wünscht er sich auch Aufmerksamkeit aus dem Westen. In Form von Gästen aus den Bistümern Aachen, Paderborn, Hildesheim und München-Freising war sie zumindest in Ansätzen da.

"Es war eine äußerst lebendige und anregende Veranstaltung", bilanzierte Feige. Er hofft, dass die Impulse weiter wirken, auch über den Osten hinaus. Eine Wiederholung fände er gut, "aber die Idee müsste dann nochmal weiter entwickelt werden - nur etwas zu wiederholen, das ermüdet". Um dem Ganzen eine Nachhaltigkeit zu geben, sollen die Hauptvorträge als Videomitschnitte ab Mitte Oktober verfügbar sein. Eine Veröffentlichung in Buchform ist ebenfalls noch für dieses Jahr geplant.


Quelle:
KNA