Katholischer Politologe Nikolaus Lobkowicz gestorben

Katholik, Hochschulmanager, Bildungsbürger

"Mutiger Konservativer" und "überzeugter Katholik" - mit diesen Schlagworten charakterisierte sich Nikolaus Lobkowicz einmal selbst. Nun ist der frühere Hochschulmanager mit 88 Jahren gestorben.

Autor/in:
Karl Peters und Christoph Renzikowski
Universität Eichstätt (KNA)
Universität Eichstätt / ( KNA )

In Tschechien gebürtig, in Deutschland wohnhaft, in Europa zu Hause: Nikolaus Lobkowicz, langjähriger Präsident der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU), war ein klassischer Vertreter des konservativen europäischen Bildungsbürgertums. Der Philosoph und Politologe verhalf der KU zu der Bedeutung, die sie heute in der Hochschullandschaft hat. Am Donnerstag ist Lobkowicz im Alter von 88 Jahren gestorben.

Katholischen Universität Eichstätt

Der aus altböhmischem Adel stammende Forscher rückte 1984 an die Spitze der Eichstätter Uni. Sie hatte sich kurz zuvor von einer kirchlichen Hochschule für Theologen- und Religionslehrerausbildung zu einer Universität mit geisteswissenschaftlichem Schwerpunkt gewandelt. Woran der damalige Münchner Kardinal Joseph Ratzinger und spätere Papst Benedikt XVI. nicht ganz unbeteiligt war.

Unter der Ägide von Lobkowicz wurde das Studienangebot der KU ausgebaut. 1989 ging in Ingolstadt eine Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät an den Start - mit dem ersten Lehrstuhl für Wirtschaftsethik in Deutschland.

Das Hauptproblem sei gewesen, sagte Lobkowicz einmal, "eine gut profilierte, kleine, aber erfolgreiche Universität zu gestalten". Diese sollte der kirchlichen Lehre treu sein und zugleich offen für aktuelle Probleme. Dieser Spagat prägt die Universität bis heute.

Er nahm selten ein Blatt vor dem Mund

"Lobo", so sein Spitzname, wollte Eichstätt zu einem Ort des internationalen Dialogs machen. Lange vor dem Erasmus-Programm holte er ausländische Fachleute zu Tagungen und Seminaren an die Altmühl, ermöglichte er mit Stipendien jungen Osteuropäern ein Studium an der KU. Dabei konnte der gut vernetzte Manager etliche Förderer aus der Wirtschaft gewinnen. So wurde das 1994 gegründete Zentralinstitut für Mittel- und Osteuropastudien rein aus Drittmitteln finanziert.

Der Präsident nahm selten ein Blatt vor dem Mund. Als die KU 1987 in den Ruch antikirchlicher Umtriebe kam, konterte Lobkowicz, eine katholische Hochschule könne nicht alles reparieren, was kaputte Ehen, verpatzte religiöse Erziehung, oberflächlicher Religionsunterricht und langweilige Predigten anrichteten - von medialen Einflüssen ganz zu schweigen. Hochschulintern musste der Präsident Dutzende Male dementieren, dass er zu Opus Dei gehöre - geholfen hat es nichts.

1948 war der gebürtige Prager mit der Familie in die Schweiz emigriert, studierte dann Philosophie in Fribourg und Erlangen. Nach seiner Dissertation über Martin Heidegger übernahm der junge Wissenschaftler eine Professur in den Vereinigten Staaten, wurde Staatsbürger der USA. 1967 erhielt er einen Ruf auf den Lehrstuhl für Politische Theorie und Philosophie in München, wo er den Marxismus zu einem Forschungsschwerpunkt machte. 1976 bis 1982 war Lobkowicz Präsident der Ludwig-Maximilians-Universität.

Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken

Zu dieser Zeit gehörte der Philosoph auch dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) an. 1982 wurde er für elf Jahre in den damals neu geschaffenen päpstlichen Kulturrat berufen. Bei der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste in Salzburg war er Gründungsmitglied. Nach der Wende in der Tschechoslowakei machte Vaclav Havel den KU-Chef zu seinem persönlichen Berater.

1996 trat Lobkowicz in den Ruhestand. In seiner Eichstätter Zeit lebte der Kettenraucher und passionierte Schalträger, der im persönlichen Umgang Charme und eine gehörige Portion Selbstironie verband, in einem Dorfpfarrhof aus dem 18. Jahrhundert. Nach dem Tod seiner ersten Frau 1999 heiratete der fünffache Vater erneut, eine polnische Kunsthistorikerin und Publizistin. Mit ihr verbrachte er seinen Lebensabend zurückgezogen am Starnberger See.

Lange hielt der Politologe den Deutschen vor, zu wenig von Osteuropa zu wissen. Die guten Zeiten nach dem Fall der Mauer seien vorbei. Es gebe Gefahren und Ungewissheiten, es fehle an Mut und Fantasie. Lobkowicz sorgte sich ernsthaft um den Bestand des Friedens. Wobei er die Katholiken vor der Aufgabe sah, ihren Beitrag zu einem toleranten Miteinander zu leisten. Indem sie schlicht im Alltag versuchten, wahre Christen zu sein.


Quelle:
KNA