Siegel zum Sebaldusgrab nach über 500 Jahren erstmals öffentlich gebrochen

Mucksmäuschenstille beim Sebaldus-Ritual

Die Besichtigung der Reliquien des Heiligen Sebaldus, dem Stadtpatron Nürnbergs, fand bisher alle 30 - 50 Jahre statt. Bisher ohne die Öffentlichkeit. Die Graböffnung des Stadtheiligen stößt auf großes Interesse.

Autor/in:
Timo Lechner
Öffentliche Begutachtung der Gebeine des heiligen Sebaldus in Nürnberg / © Giulia Iannicelli (epd)
Öffentliche Begutachtung der Gebeine des heiligen Sebaldus in Nürnberg / © Giulia Iannicelli ( epd )

Keine Stecknadel hätte man fallen hören können, als Pfarrer Martin Brons die Siegel der beiden Holzladen mit den Gebeinen des Heiligen Sebaldus aus dem achten Jahrhundert brach und die ersten der 13 purpurfarbenen Stoffsäckchen mit Reliquien des Nürnberger Stadtpatrons sowie Urkunden herausnahm. Fast eine halbe Stunde dauerte am Samstag der "performative Akt" der Visitation nach einem vorreformatorischen Ritual, das in der bis auf den letzten Platz besetzten Kirche St. Sebald erstmals der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Dann großes Aufatmen: Es ist alles noch da, was laut dem Protokoll der letzten Graböffnung im Jahr 1993 in den Laden sein soll.

Sind die Reliquien vollständig?

Zusammen mit Frank Heydecke, Restaurator am Germanischen Nationalmuseum, überprüfte Brons die Vollständigkeit der Säckchen und die Anzahl der Urkunden der bislang 18 Visitationen, bei denen sich Vertreter von Kirche, Stadt und Wissenschaft seit 1463 im Abstand von 25 bis 50 Jahren von der Vollständigkeit der Reliquien überzeugen. Ein Raunen ging durch die Reihen, als Brons eines der Säckchen hochhob und erklärte, laut Aufschrift sei dies der Schädel des Sebaldus.

Ein Hauch von Geschichte umwehte die Zuschauer, die sich um das Sebaldusgrab postiert hatten oder auf der Großleinwand miterlebten, wie Brons die Jahreszahlen alter Urkunden vorlas, von denen die erste aus dem Jahr 1463 stammt. Noch deutlicher wurde dies, als der Geistliche altehrwürdige Nürnberger Namen wie Tucher und Tetzel vorlas, die einst unterzeichnet und bezeugt hatten. Dasselbe taten nun anno 2019 neben dem Sebalduspfarrer der katholische Stadtdekan Hubertus Förster, Dombaumeisterin Alexandra Fritsch, Kathrin Müller vom Landesamt für Denkmalpflege, Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) und Andrea Franke als Vertrauensfrau des Kirchenvorstands.

Ansprechpartner in Glaubens- und Lebensfrage

Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft würden in dem Ritual zusammentreten, sagte Brons, der es als ein identitätsstiftendes Geschenk an alle Nürnberger gleich welcher Konfession bezeichnete, das Ritual miteinander zu feiern. Die Gebeine des Sebaldus symbolisierten Stadtgeschichte, schon das Grabmal allein sei mehr als eine Verpackung. Die "Marke" Sebaldus habe sich im Mittelalter als Exportschlager Nürnbergs erwiesen: Der Nürnberger Heilige, der vor über 1.000 Jahren für die Stadtväter ein wichtiger Ansprechpartner in Glaubens- und Lebensfragen gewesen sei, werde unter anderem auch im Berliner Dom verehrt.

Gerade am Tag nach der Bekanntgabe der hohen Zahl von Kirchenaustritten solle das Sebaldusgrabmal dazu aufmuntern, "mitten in unserem Alltag den Anbruch der Ewigkeit zu erkennen", sagte Brons. An OB Maly gewandt erinnerte er an das Jahr 2025, in dem Nürnberg Kulturhauptstadt werden möchte: Dann jähre sich auch zum 600. Mal die Heiligsprechung Sebalds.

500. Jubiläum der Fertigstellung des Grabmals

Anlass der 19. Graböffnung war das 500. Jubiläum der Fertigstellung des Grabmals aus der Werkstatt Peter Vischers, das als eines der bedeutendsten vorreformatorischen Bronzewerke der Welt gilt. Das Grabmonument beherbergt einen silberbeschlagenen Schrein aus dem Jahr 1397, in dem die Gebeine des 1425 heiliggesprochenen Sebaldus liegen. Im Anschluss an die Visitation untersuchten Wissenschaftler die Laden, Säckchen und Urkunden. Für Samstag und Sonntag waren Führungen, Vorträge und Konzerte anlässlich der Öffnung des Sebaldusgrabes geplant.


Pfarrer Martin Brons brach waehrend eines Rituals die Siegel der beiden Holzladen / © Giulia Iannicelli (epd)
Pfarrer Martin Brons brach waehrend eines Rituals die Siegel der beiden Holzladen / © Giulia Iannicelli ( epd )

Erstmals der Öffentlichkeit präsentiert / © Giulia Iannicelli (epd)
Erstmals der Öffentlichkeit präsentiert / © Giulia Iannicelli ( epd )
Quelle:
epd