Bistum Rottenburg-Stuttgart widerspricht neuer Missbrauchsstudie

"Daten treffen nicht zu"

Der Generalvikar des Bistums Rottenburg-Stuttgart hat einer neuen Studie widersprochen, nach der die Zahl der Missbrauchstaten nicht gesunken sei. Eine weitere Differenzierung der Ergebnisse sei nötig. 

Dom St. Martin in Rottenburg / © Uwe Renz (Bistum Rottenburg-Stuttgart)

Das Bistum Rottenburg-Stuttgart hat mit Blick auf eigene Zahlen der neuen Studie zu Missbrauchsvorwürfen gegen katholische Priester widersprochen. Die vom Forscherteam um den Mannheimer Psychiater Harald Dreßing vorgelegten Daten, wonach die Quote bei Missbrauchsvorwürfen auch in der jüngsten Zeit nicht gesunken sei, träfen zumindest für die eigene Diözese eindeutig nicht zu, sagte Generalvikar Clemens Stroppel am Donnerstag. Nötig sei eine weitere Differenzierung der Forschungsergebnisse.

Stroppel legte Zahlen zu den bistumsweit 181 bekannten Missbrauchstaten und Beschuldigungen gegen Geistliche vor. Demnach gab es in den 1960er Jahren mit 59 die meisten Fälle, in den 1970er Jahren waren es 29, in den 1980er Jahren 33 Missbrauchsvorwürfe beziehungsweise -taten. 

Rückläufige Zahlen im Bistum Rottenburg-Stuttgart

Seitdem gingen die Fallzahlen deutlich zurück: Für die 1990er Jahre dokumentiert die Diözesanstatistik 16 Fälle, für die 2000er Jahre 11 Fälle und seit 2010 noch 6 Missbrauchstaten. Die jüngsten Fälle stammten aus den Jahren 2011 und 2014, wo es jeweils Vorwürfe gegen einen Priester gegeben habe. Seit 2015 habe es keine neuen Hinweise auf sexuellen Missbrauch gegeben.

Das Forscherteam um Dreßing hatte am Mittwoch betont, die Quote der aktuellen Missbrauchsvorwürfe pro 100.000 katholische Priester sei seit 2009 bundesweit nicht signifikant rückläufig. Auch bei den entsprechenden Strafanzeigen gegen Geistliche lasse sich kein deutlicher Rückgang erkennen. Er argumentierte, dies könne darauf hindeuten, dass auch intensivere kirchliche Präventionsarbeit Missbrauch durch Priester nicht verhindere.

Studie arbeitete mit Hochrechnung

Die Studie nannte dabei keine absoluten Zahlen, sondern gab hochgerechnete Quoten pro 100.000 Personen an, um so einen Vergleich zur gesamten männlichen Bevölkerung zu ermöglichen. 

Für das Jahr 2015 nannte die Untersuchung beispielsweise 33,4 beschuldigte Priester pro 100.000 (2014: 25,5, 2013: 50,2.) Bezogen auf die Gesamtzahl der katholischen Priester in Deutschland im Jahr 2015 von rund 14.000 ergibt sich dann eine absolute Zahl von 4,7 Neubeschuldigten.

Dreßing: Missbrauch "anhaltendes Problem, kein historisches"

"Für alle betrachteten Jahre geht es um eine niedrig einstellige Zahl von beschuldigten Priestern", betonte Dreßing mit Blick auf die "methodischen Limitationen" der Untersuchung: "Das Entscheidende ist aber, dass die Quote nicht kleiner wird." Die Studie mache auf alle Fälle deutlich, dass "sexueller Missbrauch von Minderjährigen durch katholische Priester ein anhaltendes Problem ist, kein historisches".

Die Untersuchung wertete die Daten der im vergangenen Jahr veröffentlichten MHG-Missbrauchsstudie der Bischofskonferenz aus und verglich sie mit der allgemeinen Kriminalstatistik. Konkret geht es um Hinweise auf Missbrauch in den Personalakten von Priestern und Diakonen aus den Jahren 2009 bis 2015.

Dabei berücksichtigte die neue Studie ausschließlich aktuelle Vorwürfe und Strafanzeigen und keine Beschuldigungen zu Taten aus den Jahren vor 2009. Es geht zudem ausschließlich um Übergriffe gegen Kinder, die zum Tatzeitpunkt jünger als 14 Jahre waren.


Quelle:
KNA