Kirchenrechtler empfiehlt Frauen-Mitsprache bei Bischofswahl

"Frauen wollen nicht nur brav beraten"

Wie kann die katholische Kirche Frauen besser beteiligen? Der emeritierte Münsteraner Weihbischof Geerlings hatte die Idee, Frauen als Beraterinnen im Domkapitel einzusetzen.

Brustkreuz eines Bischofs / © Harald Oppitz (KNA)
Brustkreuz eines Bischofs / © Harald Oppitz ( KNA )

Ein Vorschlag, den Kirchenrechtler Schüller noch etwas ausbaut.

DOMRADIO.DE: Wie wäre es mit Frauen als Beraterinnen im Domkapitel? Ginge das und wenn ja, in welcher Form?

Prof. Dr. Thomas Schüller (Kirchenrechtler aus Münster): Ich bin mit Weihbischof Geerlings einer Meinung, dass Frauen jetzt in Entscheidungspositionen kommen müssen. Aber ich denke, er sucht sich das falsche Objekt für seine berechtigte Forderung aus. Das Domkapitel ist seit alters her eine Gruppe von Priestern, die in der Hohen Domkirche für die Liturgie zu sorgen hat. Auch Weihbischof Geerlings weiß, dass die Päpste definitiv für alle Zeiten unveränderlich entschieden haben, dass Frauen nicht zu Priesterinnen und Bischöfen geweiht werden können.

Aber ich bin schon der Meinung, dass sein Anliegen aufzugreifen ist. Wenn wir uns das Domkapitel anschauen, dann hätte ich einen Vorschlag zu machen. Das Domkapitel hat das Königsrecht im Preußen-Konkordat, den Bischof zu wählen. Das war lange in der Kirchengeschichte übliche Praxis. Nehmen wir das Beispiel Münster, da gibt es 16 residierende und nicht-residierende Domkapitulare. Ein Vorschlag wäre, dass man für die Wahl des neuen Bischofs an deren Seite 16 erfahrene Frauen stellt, die dann zusammen den neuen Bischof wählen. Das wäre aus meiner Sicht ein wirklich innovativer Vorschlag und würde eher der Frage entsprechen, wo man Frauen wirklich in der Kirche in Entscheidungspositionen setzen kann.

DOMRADIO.DE: Weihbischof Geerlings hat eingeräumt, dass Frauen aus rechtlichen Gründen einem Domkapitel nicht angehören dürfen. Wer schreibt denn diese rechtlichen Gründe überhaupt fest?

Schüller: Das geschieht in den Statuten der Domkapitel. Aber die basieren natürlich auf den universal-kirchlichen, kirchenrechtlichen Vorgaben, die die Päpste und die Bischöfe festlegen. Die Statuten der Domkapitel werden nach Beratung durch den jeweiligen Bischof oder Erzbischof in Kraft gesetzt. Aber die sind natürlich an die übergeordneten Rechtsnormen und an die Lehre der Kirche gebunden.

DOMRADIO.DE: Sind diese Regularien eine deutsche Besonderheit oder wie sieht das in anderen Ländern aus?

Schüller: Das Faktum der Domkapitel ist eine eher europäisch-deutsche und europäische Besonderheit. Es gibt ganz viele Regionen der Weltkirche, wo wir diese Domkapitel in der Form gar nicht haben. Da werden die Aufgaben des Domkapitels von dem sogenannten Konsultorenkollegium wahrgenommen. Das ist eine vom Priesterrat gewählte Gruppe von Priestern. Also, das ist schon eine altehrwürdige deutsche, europäische Tradition.

DOMRADIO.DE: Wäre es denn theoretisch denkbar, dass es Domkapitularinnen geben könnte?

Schüller: Nein. Ich finde aber auch den Vorschlag mit Beraterinnen zu schwach. Was Frauen heute wollen, ist nicht brav beraten, wenn sie denn gewünscht sind und wenn man sie einlädt, sondern sie wollen mitentscheiden. Da finde ich die Vorschläge aus München-Freising weitergehend, eine tatsächliche Amtschefin, eine Leiterin der bischöflichen Behörde zu installieren. Das ist kirchenrechtlich möglich.

Das Interview führte Dagmar Peters.

 

Kirchenrechtler Thomas Schüller  / © Wwu Münster (dpa)
Kirchenrechtler Thomas Schüller / © Wwu Münster ( dpa )
Quelle:
DR