Pfarrer drohen wegen Betrugs vier Jahre Haft

Um hohe Summen betrogen

Jahrelang hat ein Geistlicher des Erzbistums Freiburg kirchliche Institutionen um hohe Summen betrogen – in verschiedenen Funktionen. Das Urteil des Mannheimer Landgerichts soll am Montag fallen.

Autor/in:
Stefanie Ball
Kirche und Geld / © Harald Oppitz (KNA)
Kirche und Geld / © Harald Oppitz ( KNA )

Sein Plädoyer leitet Staatsanwalt Holger Hofmann mit einem Zitat aus dem kirchenrechtlichen Gesetzbuch ein: "Die Kleriker haben ein einfaches Leben zu führen", so schreibt es Canon 282 vor. Das traf auf den vor dem Landgericht Mannheim angeklagten ehemaligen Dekan und Pfarrer einer baden-württembergischen Gemeinde seiner Überzeugung nach nicht zu: "Er hat das Geld verprasst und auf großem Fuß gelebt", so Hofmann. Am Dienstag in der vergangnen Woche fassten Anklage und Staatsanwaltschaft den Prozess zusammen.

Geld, das er sich mit erfundenen Rechnungen, Belegen und Projekten erschlichen habe. Oder das er gestohlen hat, wie es der Angeklagte in seiner Vernehmung durch die Polizei selbst zugegeben hatte: vom Ursulinenkonvent in Mannheim, von einem örtlichen Caritasverband und aus der Barkasse seiner ehemaligen Pfarrgemeinde. Insgesamt beläuft sich der Schaden auf mehr als 220.000 Euro. Mindestens. Offenbar hat er die kirchlichen Institutionen noch um mehr Geld betrogen. Doch ein Teil der Taten ist verjährt, in anderen Fällen fehlen Zeugen.

Staatsanwalt: Vertrauensbruch ist das schwerwiegende

Letztlich, so führt der Staatsanwalt weiter aus, sei die Schadenshöhe nicht allein entscheidend. Für ein Wirtschaftsdelikt sei sie sogar vergleichsweise gering. Was seiner Meinung nach schwer wiegt, ist der Vertrauensbruch. "Auf Grund seiner beruflichen Stellung hatte der Angeklagte einen Vertrauensvorschuss, und dieses Vertrauen hat er missbraucht", so Hofmann. Mit großem Aufwand und Raffinesse habe der heute 54-Jährige ein ausgeklügeltes, auf Verschleierung angelegtes System aufgebaut. "Nachfragen wurden mit Lügen pariert."

Warum das so viele Jahre - die ersten fragwürdigen Rechnungen bei der Caritas stammen von 2012 - funktioniert hat? Zur Erklärung führt Hofmann eine Caritas-Mitarbeiterin an, die in ihrer Vernehmung gesagt habe, ihr wäre im Traum nicht eingefallen, dass der Geistliche Geld für seine ehrenamtlichen Tätigkeiten im Verband verlangen könne.

Freiheitsstrafe von vier Jahren gefordert

Am Ende fordert der Staatsanwalt eine Freiheitsstrafe von vier Jahren, wobei der Haftbefehl, der seit Ende 2017 besteht, bis zum Strafantritt aufrechterhalten werden soll. Der Geistliche sitzt seit knapp einem Jahr in Mannheim in Untersuchungshaft.

Die Forderung, die Verteidiger Edgar Gärtner im Anschluss stellt, liegt nur wenige Monate darunter. Er plädiert auf eine Haftstrafe von drei Jahren und neun Monaten. Bereits Anfang Oktober hatten sich die Große Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts, Staatsanwaltschaft und Verteidigung auf eine verfahrensverkürzende Absprache verständigt. Voraussetzung für einen solchen Deal ist, dass der Angeklagte ein Geständnis ablegt - was der Geistliche getan hat - und dass sich die Seiten beim Strafmaß in etwa einig sind.

"Die Erfahrungen haben ihn nachhaltig geprägt und verändert"

Viel Spielraum bleibt dem Verteidiger darum nicht. Gärtner sagt, dass er sich ein "wenig unwohl" damit fühle. Er sieht den Ex-Dekan als geläutert an. "Die Erfahrungen haben ihn nachhaltig geprägt und verändert." Anders als der Staatsanwalt hofft der Anwalt deshalb, dass der Haftbefehl aufgehoben und sein Mandant bis zum Strafantritt das Gefängnis verlassen kann. Für den 54-Jährigen bestünde dann auch die Möglichkeit, seine restliche Strafe - Gesamtstrafe abzüglich der Monate in Untersuchungshaft - im offenen Vollzug zu verbüßen.

Bevor der Vorsitzende Richter Oliver Ratzel sagen wird, dass das Urteil am Montag fällt, richtet er sich noch mal an den Angeklagten: "Sie haben ein letztes Wort." Der Geistliche scheint überrascht. Er sagt dann aber doch: "Mir tut das Ganze wahnsinnig leid, das hilft jetzt nicht viel, aber es ist so."


Quelle:
KNA