Rückbesinnung auf die Frauen in der Urkirche

Die vergessenen Säulen des Christentums

Die Diskussion um die Rolle von Frauen in der katholischen Kirche ist ein Dauerbrenner. Dabei waren Frauen in den Anfängen des Christentums prominent vertreten - etwa Maria Magdalena, deren Gedenktag am 22. Juli zum Fest erhoben worden ist.

Autor/in:
Elke Deimel
Frauen und das Priestertum? / © Katharina Ebel (KNA)
Frauen und das Priestertum? / © Katharina Ebel ( KNA )

Die Stellung der Frau in der Kirche gehört bei Katholiken immer noch zu den heißen Eisen, vor allem wegen der Forderung nach dem Priestertum der Frau. Schon Papst Johannes XXIII. zählte in seiner Friedensenzyklika "Pacem in Terris" (1963) die Emanzipation der Frau zu den "Zeichen der Zeit".

Das Schlussdokument des II. Vatikanischen Konzils verkündet lapidar: "Die Stunde kommt, die Stunde ist schon da, in der sich die Berufung der Frau voll entfaltet, die Stunde, in der die Frau in der Gesellschaft einen Einfluss, eine Ausstrahlung, eine bisher noch nie erreichte Stellung erlangt."

Diakoninnen gab es schon in Urkirche

Diese Stunde hat es in der Urkirche bereits gegeben. Die Evangelien, die Apostelgeschichte und die Erwähnung bestimmter Frauen in den Paulusbriefen machen deutlich, wie die Frauen in der Urkirche des 1. Jahrhunderts im Geiste Jesu zusammen mit den Männern frei und partnerschaftlich ihren Glauben lebten und für seine Ausbreitung wirkten. Sie waren seelsorglich und karitativ tätig, etwa als Diakoninnen, Dienerinnen.

Die bedeutendste Frau, die in allen Evangelien erwähnt wird, ist Maria Magdalena, die bei Tod und Auferstehung Jesu eine wichtige Rolle spielt. Es war der ausdrückliche Wunsch von Papst Franziskus, dass der Gedenktag der Heiligen am 22. Juli zum Fest erhoben wird. Er verfügte das mit dem Dekret "Apostola Apostolorum" vom 3. Juni 2016.

Maria Magdalena "Apostelin der Apostel"

Thomas von Aquin hatte Maria Magdalena schon als "Apostelin der Apostel" bezeichnet. Ihr Festtag hat nun den gleichen Rang wie die Apostelfeste. Diese Gleichstellung gilt als eine hohe Wertschätzung der Rolle der Frau in der Kirche. Der Sekretär der Liturgiekongregation, Erzbischof Arthur Roche, begründet die Entscheidung damit, dass Maria Magdalena Jesus bis zum Kreuz folgte und erste Zeugin der Auferstehung war. Er betont, dass die Heilige das Beispiel einer wahren, authentischen Verkünderin der Frohen Botschaft sei - ganz wie die übrigen Apostel.

In einem kurzen Textabschnitt der Apostelgeschichte (16, 11-15) taucht die Purpurhändlerin Lydia auf, die erste Christin Europas. Ihr Herkunftsort Thyatira war berühmt wegen seiner Purpurindustrie. Der Handel mit dem Luxusartikel Purpur war ein einträgliches Geschäft.

Lydia muss eine wohlhabende und unabhängige Frau gewesen sein. Sie lässt sich mit der ganzen Hausgemeinschaft von Paulus taufen. Die antike Großfamilie ist nicht nur Lebens- und Erwerbsgemeinschaft, sondern auch religiöse Gemeinschaft, wobei Haltung und Verhalten der Hausherrin entscheidend sind. Das "Haus der Lydia" wird zum ersten Stützpunkt der christlichen Mission in Europa. Lydia trägt so zur Ausbreitung des Evangeliums bei und lebt ihre missionarische Sendung.

Phöbe engagierte Frau der ersten urchristlichen Generation

Auch in den Paulusbriefen werden Frauen erwähnt, die erst durch die feministische Theologie neue Beachtung fanden. Am Ende des Römerbriefs, in der sogenannten Grußliste, schreibt Paulus: "Ich empfehle euch unsere Schwester Phöbe, die auch Dienerin der Gemeinde von Kenchrea ist ... für viele war sie ein Beistand, auch für mich selbst." Im Griechischen steht für "Dienerin" "diakonos". Mit Phöbe begegnet uns eine engagierte Frau der ersten urchristlichen Generation, die sich tatkräftig für ihre Glaubensgenossen einsetzt und eine exponierte Stellung in der Gemeinde einnimmt.

In derselben Grußliste des Paulus heißt es in Vers 7: "Grüßt Andronikus und Junia, die zu meinem Volk gehören und mit mir zusammen im Gefängnis waren; sie ragen heraus unter den Aposteln und haben sich schon vor mir zu Christus bekannt." Junia wurde erst 1977 von der feministischen Theologin Bernadette Brooten als Frau wiederentdeckt, vorher rangierte sie in Bibelübersetzungen als Mann - ein forschungsgeschichtlicher Krimi.

Junia schon als Apostelin bezeichnet 

Im zitierten Text nach der neuen Einheitsübersetzung wird sie als Apostelin bezeichnet, wie das Zeugnis einiger Kirchenväter (Johannes Chrysostomus, Theodoret von Kyros, Johannes von Damaskus) belegt. Für Paulus ist das bewusste Annehmen und Ertragen der Mühen und Leiden der Missionsarbeit Kennzeichen wahrer Apostolizität. Diese Kriterien erfüllen Andronikus und Junia.

Eines sollte heute bei allen Debatten über den Diakonat der Frau - den viele seit langem einfordern - nicht vergessen und übersehen werden: Es geht um mehr als um bestimmte Ämter. Es geht um eine Kirche, die ihrem diakonischen Ursprung verpflichtet bleibt, nämlich der praktizierten Nächstenliebe - und da ist die Verantwortung und der Einfluss der Frauen, aber nicht nur von ihnen, wichtig und unersetzlich. Wie sagte Bischof Gaillot einmal: "Eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts."


Heilige Maria Magdalena / © Harald Oppitz (KNA)
Heilige Maria Magdalena / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA