Dresdens neuen Bischof erwartet ein geschichtsträchtiges Bistum

Selbstbewusste Minderheit

Einfach wird es für Dresdens künftigen Bischof Heinrich Timmerevers nicht. Die rechtsextremistischen Umtriebe in Sachsen fordern auch die Kirchen heraus. Zugleich erwartet ihn jedoch eine selbstbewusste Diaspora-Diözese.

Autor/in:
Gregor Krumpholz und Karin Wollschläger
Silhouette der Hofkirche in Dresden (links) / © Arno Burgi (dpa)
Silhouette der Hofkirche in Dresden (links) / © Arno Burgi ( dpa )

Heinrich Timmerevers tritt an diesem Samstag als 50. Bischof des Bistums Dresden-Meißen sein Amt an. Wie sein aus dem Rheinland stammender Amtsvorgänger Heiner Koch, jetzt Erzbischof von Berlin, kommt auch der 64-jährige Südoldenburger aus dem Westen und einem katholisch geprägten Umfeld. Nun muss er sich in einer Region zurechtfinden, in der Christen seit Jahrzehnten eine kleine Minderheit sind.

Nur 3,5 Prozent Katholiken

Rund 80 Prozent der Bevölkerung dort sind konfessionslos, lediglich 3,5 Prozent katholisch. Insgesamt zählt das Diaspora-Bistum rund 142.000 Katholiken in Sachsen und im Osten Thüringens. Nur die 40.000 Sorben in der Oberlausitz, eine slawischsprachige Volksgruppe mit reicher religiöser Tradition, leben in einem geschlossen katholischen Siedlungsgebiet.

In seinen heutigen Grenzen ist das Bistum zwar noch keine 100 Jahre alt, seine Wurzeln reichen jedoch bis ins 10. Jahrhundert zurück. Die frühere Diözese ging allerdings im Zuge der Reformation unter. Von großer Bedeutung war gut 150 Jahre später der Wechsel des sächsischen Kurfürsten August des Starken zum katholischen Glauben, um die polnische Königskrone erlangen zu können. Zwar blieb Sachsen weitgehend protestantisch, doch in seinem Hofstaat waren nun beide Konfessionen vertreten.

Hofkirche als Kathedrale des Bistums

Augusts Konversion leitete einen vor allem kulturellen Wiederaufschwung des Katholizismus ein. Sein Sohn August III. ließ die Hofkirche errichten, die Hofkapellknaben wurden um einen katholischen Zweig ergänzt. Heute gilt der Knabenchor als wichtiger katholischer Beitrag zum internationalen Renommee Dresdens. Und die Hofkirche - heute die Kathedrale des Bistums - avancierte zu einem Wahrzeichen des "Elbflorenz", als markanter Punkt in Dresdens weltbekannter Altstadt-Silhouette.

1921 erhob Papst Benedikt XV. die damalige Apostolische Präfektur Meißen zum neuen Bistum Meißen mit Bischofssitz in Bautzen. Wegen seiner Bereitschaft zu offener Kritik an den Herrschenden wurde der aus Westfalen stammende Bischof Petrus Legge legendär. Er bestieg 1932 den Bischofsstuhl und führte das Bistum bis zu seinem Tod 1951 durch Nazizeit, Krieg und Sowjetbesatzung.

Ein herausragender Glaubenszeuge in der NS-Zeit war auch der sorbische Kaplan Alojs Andritzki (1914-1943), der von den Nazis im Januar 1941 wegen "heimtückischer Angriffe auf Staat und Partei" verhaftet wurde, weil er deren Ideologie und Vorgehen kritisiert hatte. Er starb zwei Jahre später im Konzentrationslager Dachau. 2011 wurde er in Dresden seliggesprochen.

Doppelname des Bistums seit 1979

Zunächst ab 1955 als Administrator und ab 1958 als Bischof lenkte Otto Spülbeck die Geschicke des Bistums. Er machte sich einen Namen als Kritiker des SED-Regimes und Fürsprecher eines wiedervereinigten Deutschlands. Einen neuen Namen und Hauptsitz bekam die Diözese unter Bischof Gerhard Schaffran. Hartnäckig bemühte er sich um die Verlegung des Bischofssitzes von Bautzen nach Dresden. 1979 hatte er sein Ziel erreicht, das Bistum trägt seither den Doppelnamen Dresden-Meißen. Große Beachtung fand 1987 auch das erste und einzige DDR-weite Katholikentreffen in Dresden, zu dem 100.000 Gläubige zusammenkamen.

Das neue Selbstbewusstsein dürfte dazu beigetragen haben, dass sich im Wendejahr 1989 in Sachsen stärker als anderswo auch katholische Christen in der Bürgerbewegung engagierten. Heute macht der Freistaat jedoch als Hochburg rechtsextremistischer Umtriebe von sich reden. Zusammen mit dem seit einem Jahr amtierenden evangelischen Landesbischof Carsten Rentzing ist Timmerevers hier besonders herausgefordert.

Das Ende der DDR hatte den Weg frei gemacht für zuvor unmögliche Formen des öffentlichen Wirkens etwa an sechs neu gegründeten katholischen Schulen. In seiner 24-jährigen Amtszeit bis 2012 nutzte Bischof Joachim Reinelt die Chancen, sein Nachfolger Heiner Koch führte den Kurs fort. Dazu gehörte die Errichtung der Leipziger Propsteikirche, der größte Kirchenneubau in Ostdeutschland seit der Wiedervereinigung. Ebenfalls in der Messestadt fand im Mai der 100. Deutsche Katholikentag statt, der den ostdeutschen Gläubigen einen neuen Schwung Selbstbewusstsein gegeben haben dürfte.


Quelle:
KNA