Deutschlands jüngster Bischof Oster zieht Bilanz

"Nachholbedarf in Kommunikation"

Vor fünf Monaten wurde Stefan Oster (49) in Passau zum jüngsten deutschen Diözesanbischof geweiht. Im Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) zieht der Bischof eine erste Bilanz und erläutert, warum er in Kürze eine WG gründen will.

Autor/in:
Christoph Renzikowski
Bischof Stefan Oster  (dpa)
Bischof Stefan Oster / ( dpa )

KNA: Herr Bischof, fühlen Sie sich noch als Lehrling?

 

Oster: Ja, natürlich. Ich lerne die Diözese und meine Aufgaben immer noch kennen. Aber ich spüre zugleich, dass ich langsam reinwachse und sich immer öfter das Gefühl einstellt: Ich bin angekommen.

 

KNA: Was war die schwierigste Lektion in den letzten Wochen?

Oster: Das Hineinwachsen in einen Apparat. Als Ordensmann und Jugendseelsorger haben mich solche Organisationsstrukturen ehrlich gesagt wenig interessiert. Jetzt habe ich 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bistum und muss ein Ordinariat mit 300 Beschäftigten führen. Das ist gar nicht so einfach, etwa bei Personalentscheidungen, die nur ich treffen kann und muss.

KNA: Sie haben gesagt, auch als Bischof wollen Sie nicht allein leben. Haben Sie schon eine Wohngemeinschaft gegründet?

Oster: Ich bin dabei. Ich werde noch vor Weihnachten aus meinem Provisorium im Priesterseminar umziehen, wenn die Wohnung fertig ist. Drei Menschen habe ich im Auge, die auch schon weitgehend zugesagt haben. Jeder wird seinen eigenen Bereich haben mit eigener Nasszelle und so. Daneben gibt es Räume, die wir gemeinsam nutzen wollen, zum Essen, Reden und Beten.

KNA: Also weniger Studenten-WG als vita communis?

Oster: Einige sagen, der Bischof habe eine geistliche Gemeinschaft gegründet. Das ist zu hoch gegriffen. Zwei Personen suchen in einer Übergangsphase ihres Lebens Orientierung. Die kommen jetzt vielleicht ein Jahr zu mir. Das hat keinen so strengen, verbindlichen Charakter. Aber wir wollen Teile unseres Lebens miteinander verbringen, gerade auch geistlich. Es freut mich, dass Menschen Interesse haben, meinen Dienst betend zu begleiten.

KNA: Sind das alles alte Bekannte von Ihrem früheren Wirkungsort?

Oster: Wahrscheinlich kommt eine Ordensschwester neu dazu. Die anderen beiden stammen aus meinem früheren Umfeld. Es ist gut, dass sie mich aus einer Zeit kennen, bevor ich Bischof wurde. Für das Bistum ist das ja nicht ganz ohne, mit wem sich der Bischof umgibt. Insofern bin ich ganz froh, dass es Leute von außen sind.

KNA: Sie führen intensive theologische Debatten auf Facebook. Welche Resonanz erfahren Sie?

Oster: Ganz unterschiedlich. Je nach Dichte, Qualität und Thema. Eines Abends kam ich heim, da lag vor meiner Tür ein lokales Anzeigenblatt mit der Überschrift: Bischof diskutiert über Porno, Sex und Aids. Sowas greifen die Medien natürlich auf, manches gar nicht. So genau kriege ich gar nicht immer mit, wer das alles liest und wie sich das verbreitet. Auf einige Texte wurde schon zehntausend Mal zugegriffen. Dafür muss ich schon oft predigen, bis ich so viele Leute erreiche.

KNA: Melden sich da nur Fans oder gibt es auch Kontroversen?

Oster: Ich habe am Anfang die Debatte gesucht. Jetzt stelle ich mal einen Text ins Netz, ohne dass ich mich an weiteren Auseinandersetzungen beteiligen kann. Dafür fehlt mir leider die Zeit. Kommentare lasse ich aber alle zu, auch die kritischen, so lange sie nicht unter der Gürtellinie sind.

KNA: Sie sind gelernter Journalist. Hat die katholische Kirche derzeit die Presse, die ihr gebührt?

Oster: Einerseits ja. Wir haben fraglos in unserer Kommunikation Nachholbedarf. Wir machen es aber andererseits auch nicht nur schlecht, das darf man sich nicht einreden lassen. Und wundern tu ich mich bisweilen über die mediale Schwerpunktsetzung. Bisweilen hat man den Eindruck, etwa der Kommunionempfang für wiederverheiratete Geschiedene oder auch der priesterliche Zölibat seien Dinge, die mindestens die Hälfte der Kirchenbesucher unmittelbar beträfen. Das scheint mir dann schon ein Missverhältnis in der Berichterstattung zu sein, womit ich freilich nicht sagen will, dass man die Dinge nicht diskutieren soll.

KNA: Vor der Bischofssynode in Rom haben Sie sich relativ stark festgelegt mit Aussagen wie: Es werde keine Revolution geben. Nun scheint es in manchen Fragen doch Bewegung zu geben. Sehen Sie sich inzwischen in einer Minderheitenposition?

Oster: Ich bin nicht überrascht vom Verlauf der Synode. Man muss offen sein für Wege, die der Heilige Geist der Kirche zeigt. Hätten Sie mich vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil gefragt, weiß ich nicht, ob ich etwa beim Thema Religionsfreiheit so weit gegangen wäre wie es das Konzil nachher tat. Allerdings denke ich immer noch, dass sich in den strittigen Punkten der Synode, etwa über den Umgang mit Menschen mit homosexuellen Neigungen oder über die Frage einer generellen Zulassung Wiederverheirateter zur Kommunion, keine wesentlichen Änderungen ergeben werden. Der offene Dialog ist erfreulich, aber ich sehe noch keine Lehrentwicklung in die Richtung, wie sie wohl die meisten Medien gern hätten.

 


Quelle:
KNA