Kölner Dompropst Feldhoff zur Transparenz kirchlicher Finanzen

Die Pflicht, auch mal "Nein" zu sagen

Wozu die Kirche wieviel Geld braucht, darüber diskutiert amSonntagabend der Kölner Dompropst Norbert Feldhoff mit Günther Jauch. Im domradio.de-Interview spricht er über Transparenz und wirksame kirchliche Kontrollgremien.

Dompropst Norbert Feldhoff / © dr
Dompropst Norbert Feldhoff / © dr

domradio.de: In aktueller Zeit sind es gerade die kirchlichen Finanzen, die im Mittelpunkt der medialen Betrachtung stehen. Überall wird der Ruf laut nach mehr Transparenz. Stimmen Sie dem zu?

Dompropst Norbert Feldhoff: Auf jeden Fall! Ich kann mich jetzt gerade in diesen Tagen gut erinnern, wie ich mit 35 Jahren Generalvikar wurde. Kardinal Höffner, der mich dazu berufen hatte, hat mir nicht sehr viel Konkretes mit auf den Weg gegeben, aber eines habe ich nie vergessen: "Du musst dafür sorgen, dass es nie einen Finanzskandal gibt." Das war ihm ein Anliegen. Warum, das weiß ich nicht. In Köln war keiner gewesen, aber an anderen Stellen der Welt schon. Das war auch nicht gegen meine persönliche Veranlagung. Das war leitend für mich in meiner ganzen Arbeit als Generalvikar.

domradio.de: Gegenwärtig übertreffen sich die deutschen Bistümer mit der Veröffentlichung ihrer Zahlen vom Bischöflichen Stuhl. Was verbirgt sich hinter diesem Bischöflichen Stuhl?

Feldhoff: Zunächst ist für die meisten interessant: Der Bischöfliche Stuhl kommt im Kirchenrecht überhaupt nicht vor. Das ist eine Besonderheit in Deutschland, Österreich hat es wohl auch. Das sind nach deutschem Recht Körperschaften des öffentlichen Rechtes, und zu Recht kann man das als eigenen Haushalt führen. In Köln habe ich schon als Generalvikar eine völlig andere Tradition geerbt. Das Vermögen des Erzbischöflichen Stuhls in Köln ist genau ausgewiesen, aber die Einnahmen aus diesem Vermögen fließen in den Haushalt des Bistums. Somit hat der Kirchensteuerrat in die Vermögenslage des Erzbischöflichen Stuhls immer Einsicht gehabt, und da er den Haushalt verabschiedet, weiß er auch, wohin das Geld aus dem bischöflichen Stuhl geht. Das ist bei uns völlig integriert und damit auch transparent.

domradio.de: Vielleicht können Sie noch einmal ein bisschen erklären, warum es denn überhaupt diese Konstruktion des Bischöflichen Stuhls gibt. Kann der Bischof damit ganz frei agieren?

Feldhoff: Wir haben ja kein Statut für den Bischöflichen Stuhl, deshalb kann ich schwer sagen, da es im Kirchenrecht auch nicht vorkommt, wofür er ist. Der lateinische Begriff für Bischöfliche Stühle ist "mensa episcopae", Tisch des Bischofs. Jetzt kann man überlegen, wofür ist der denn überhaupt da? Das ist eine Spekulation - aber durchaus eine begründete - einmal, dass der Bischof bezahlt wird, dass er leben kann. Das wird in Deutschland aus Staatsdotationen gemacht. Zweitens, dass er ein Haus hat: In Köln ist das das Haus des Bischofs, das bescheiden ist, vom Erzbistum bezahlt, und es gehört auch dem Erzbistum. Dann: Ein Priester steht ja in einem Treueverhältnis zu seinem Bischof. Er gelobt Gehorsam, umgekehrt hat jeder Bischof eine Verpflichtung den Priestern gegenüber, sie zu unterhalten. Man sagt schon mal, man wird auf die "mensa epicopae" geweiht, auf den Tisch des Bischofs, auf den bischöflichen Stuhl. Insofern kann man sagen, wenn das Vermögen, die Einnahmen aus dem Vermögen, reichen, werden die Priester, wenn sie im aktiven Dienst und wenn sie im Ruhestand sind, aus den Einnahmen des bischöflichen Stuhls bezahlt. Das ist in Köln keine verfasste Regelung, aber so könnte man es sich vorstellen. Insofern ist es sinnvoll in Köln, dass die Einnahmen aus dem bischöflichen Stuhl über den Haushalt abgewickelt werden.

domradio.de: Es wird ja immer wieder gesagt, dass Köln ein sehr reiches Bistum, ein sehr finanzkräftiges Bistum, sei. Es hat keinerlei Finanzskandale gegeben, es ist alles immer mit größtmöglicher Transparenz gehandhabt worden. Würden sie dieses Verfahren eigentlich auch anderen Bistümern empfehlen?

Feldhoff: Also formal kann das durchaus unterschiedlich sein, aber wichtig ist, wie sehen die Theologie, der Glaube und das Kirchenrecht einen Bischof? Ein Bischof hat die Leitung eines Bistums. Da muss er frei sein. Der Bischof ist der einzige Gesetzgeber eines Bistums, da muss er auch frei sein, was nicht heißt, dass er nicht beraten werden muss. Das sieht das Kirchenrecht auch vor: Eine Fülle von Beratungsgremien. Das sind Beratungen. Am Ende kann er frei in den beiden Bereichen entscheiden. Ganz anders ist es beim Geld. Da ist das Kirchenrecht, das für die ganze Welt gilt, außerordentlich klug. Ich habe früher schon einmal gesagt, das hat jetzt nichts mit Limburg zu tun: Wenn man sich an die Ordnung des Kirchenrechts hält, dann kann es keine barocke Entfaltung eines Bischofs geben. Er kann kein Grundstück des Bistums verkaufen, ohne dass zwei Gremien zustimmen. Er kann keine neue Schule gründen oder von einem Orden übernehmen, ohne dass zwei Gremien zustimmen. Die Ordnung des Kirchenrechts ist gut, nur jeder Mensch weiß, auch wenn Ordnungen gut sind, kommt es darauf an, ob man sich an die Ordnung hält. Die Straßenverkehrsordnung ist gut, wenn aber einer doppelt so schnell fährt, wie erlaubt ist, gibt es Unfälle.

domradio.de: Jetzt gibt es den Spruch "Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser". Es gibt die entsprechenden Gremien, in denen ausgewählte Leute sitzen, die dem Bischof wohl nicht "in den Karren" fahren werden, oder?

Feldhoff: Zunächst ist dies objektiv richtig, in Köln sind das der Diözesanverwaltungsrat und das Domkapitel. Das sind alles Personen, die vom Erzbischof berufen worden sind. Nur ich kenne das seit Jahren und muss sagen, das sind verantwortungsvolle Menschen es sind keine Weicheier, und die haben eine Verpflichtung, wenn es denn sein muss, einem Bischof zu widerstehen in diesen Fragen. Und dies ist kein Widerspruch zum Gehorsamsgelübde. Ein Bischof muss sich darauf verlassen, dass die Kontrollgremien ihren Auftrag ernstnehmen und erfüllen, sonst werden sie schuldig. Nach außen kann dies wirken wie ein Klüngel, aber meine Erfahrung ist eine andere.

domradio.de: Wäre es in Zukunft notwendig, verstärkt die Laien in finanzielle Fragen einzubinden?

Feldhoff: Im Verwaltungsrat in Köln sind natürlich Laien vertreten, im Domkapitel geht dies nicht. Im Kirchensteuerrat, der natürlich auch eine wichtige Rolle spielt, was die Kirchensteuerein- und ausgaben angeht, sind fast ausschließlich Laien und zwar gewählte Laien drin. Ob man dies noch verbessern kann, kann ich im Moment nicht sagen, aber ich bin nicht gegen Laien und wenn man mehr reinholen kann, ist dies in jedem Falle gut, vor allem müssen sie kompetent sein.

domradio.de: Was empfehlen Sie der Kirche in diesem momentan unruhigen Fahrwasser?

Feldhoff: Was im Moment gefordert wird und neu ist, ist die Offenlegung des Vermögens. Das war für mich schon als Generalvikar ein Anliegen, und es gab aber auch für mich verständliche Argumente dagegen. Ich hatte früher schon die Absicht, die Vermögenslage des Erzbistums offenzulegen.

Das Erzbistum hat ja jetzt das Vermögen des Bischöflichen Stuhls offengelegt. Ob das weitergeht, das muss eine Absprache unter den Bistümern sein, das sollte kein Wettlauf sein, nch dem Motto wer der Schnellste ist. Ich nehme an, dass darüber beraten wird, es würde viel Misstrauen beseitigen. Allerdings erfordert es auch sehr guter Argumentation, wenn man bedenkt, dass für die Altersversorgung der Priester Geld zurückgestellt werden muss. Wie viel dies genau ist, kann ich nicht sagen, aber das waren schon zu meiner Zeit einige hundert Millionen Euro. Die sind notwendig, um der sozialen Verpflichtung nachzukommen, die Priester im Alter zu versorgen. Nach klaren Regeln und nicht nach Willkür muss auch den beamtenähnlich angestellten Menschen garantiert werden, dass alle Leistungen auch bezahlt werden können.

Das wird berechnet, und das sind große Summen, und da sind Schwierigkeiten. Den kundigen Menschen kann man das alles klarmachen, aber meine Maria Schmitz in Nippes, das ist für mich die Standardfrau in Köln, wie die das versteht, das könnte schwierig werden. Aber das ist heute nicht mehr meine Aufgabe, das müssen andere machen.

Das Interview führte Ingo Brüggenjürgen, Chefredakteur domradio.de.


Quelle:
DR