Bischof Overbeck über den Dialogprozess im Bistum Essen

"Das lohnt sich zu feiern"

"Wir feiern den Dialog." Unter diesem Motto wird am Samstag in Essen der Abschluss der Bistumsforen des Dialogprozesses "Zukunft auf katholisch" gefeiert. Bischof Franz-Josef Overbeck erläutert im domradio.de-Interview, warum es sich zu feiern lohnt.

Bischof Overbeck (dpa)
Bischof Overbeck / ( dpa )

domradio.de: Herr Bischof, wer hat da mit wem anderthalb Jahre einen Dialog geführt? Und was wird gefeiert?

Bischof Overbeck: Der erste Teil des Dialogprozesses ist beendet. Da gibt es schon viel Grund zu danken und zu feiern. Wir haben in sechs Bistumsforen verschiedene Themen behandelt, sind mit ganz vielen Menschen in Kontakt gekommen. Ich habe in vielen Austauschrunden mit ganz vielen Menschen aus unserem Bistum gesprochen, so dass viel Vertrauen gewachsen ist. Das lohnt sich zu feiern.

domradio.de: Wenn Sie ein Forum als Beispiel herausgreifen. Um was ging es darin ganz konkret?

Bischof Overbeck: Es hat unter meinem Vorgänger viele strukturelle Veränderungen gegeben. Mir wurde schnell sehr klar, dass es viele inhaltliche Gründe dafür gibt. Die liegen in der völlig anderen Weise, wie Menschen heute glauben und wie Menschen heute ihren Glauben in der Kirche leben. Das haben wir zum Thema gemacht mit der Erfahrung, dass es sich lohnt aufeinander zu hören und geistlich miteinander Wege zu gehen. Dann haben wir uns den ganz alltäglichen Fragen des kirchlichen Lebens zugewandt und gefragt: Was heißt das konkret für die Sorge um den Nächsten, im Blick auf Liturgie, Gottesdienst und Gebet und schließlich auch im Hinblick auf Glaubensverkündigung und Glaubenskommunikation?

domradio.de: Zum Auftakt hatten Sie betont, im Dialogprozess könne all das zur Sprache kommen, was im Bistum lähme und belaste. Was lähmt und belastet die Menschen denn bis heute?

Bischof Overbeck: Wir haben im Blick auf diese Zielperspektive zwei Stränge aufgemacht in unserem Bistum. Zum einen eben diese Foren. Es belastet ganz viele Menschen, dass nur wenige zum Gottesdienst und zur Kirche kommen, dass die Generationenfolgen sich sehr verschieben im Blick auf die Teilnahme am kirchlichen Leben. Viele fragen sich trotz der vielen Nöte, die wir im Bistum haben, wie wir denn wirklich den Menschen in Not ganz nahe sein können. Ganz bewegend ist für viele die Frage, wie wir den Glauben der nächsten Generation nicht nur vorleben sondern auch inhaltlich an sie weitergeben können. Da sind wir zu guten Ergebnissen gekommen, die ich mit meinem Generalvikar morgen auch vorstellen werde.

Der zweite Strang waren die Dialoge mit dem Bischof, in denen ich in unserer Sozialakademie zu vielen strittigen Fragen Stellen genommen habe: Zum Umgang mit der Macht in der Kirche, zur Rolle der Frau, zur Sexualität und Partnerschaft und zur Zukunft der Gemeinden. Das waren strittige Abende, an denen ich mit Professoren diskutiert habe. Ganz viele Menschen waren dann zu offenen Fragen eingeladen. Das hatte einen durchschlagenden Erfolg mit ganz vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Das hat sehr geholfen, die Fragehorizonte zu öffnen und ehrlich miteinander umzugehen.

domradio.de: Viele strittige Dinge lassen sich doch auf Bistumsebene und auch auf deutscher Ebene gar nicht entscheiden, oder?

Bischof Overbeck: Das bedeutetet ja nicht, dass man diese Fragen nicht immer wieder offen besprechen muss und kann! Man muss die entsprechenden Fragen der Menschen ernst nehmen und versuchen, sie zu verstehen von innen her. Gleiches gilt auch für die Position der Bischöfe, des Papstes und der Gesamtkirche. Und das im Hinblick auf eine mögliche Entwicklung, aber auch in aller Klarheit, damit wir als eine Kirche in der Welt wahrgenommen werden. Es war und ist immer wieder gut, bei all diesen Fragen ehrlich zu bleiben und zu wissen, jeder muss sich die Fragen neu aneignen und auch die Antworten.

domradio.de: Wenn Sie jetzt ein Resümee ziehen aus dem Dialogprozess. Ist die katholische Zukunft des Bistums Essen gesichert?

Bischof Overbeck: Wir feiern den Dialog. Wir haben wirklich etwas zu feiern und Gott dafür zu danken, dass wir Wege des Vertrauens gefunden haben. Es ist sehr deutlich geworden, dass zu all den äußeren Veränderungen ganz viele innere kommen. Diese anzunehmen ist wichtig, daher ist eines der wichtigsten Ergebnisse: Wir feiern im Blick auf den Dialog die Einsicht, dass wir unsere Haltungen ändern müssen, geistlicher werden müssen. Wir müssen sehen, dass wir nicht mehr Kirche sind, die selbstverständlich Volkskirche ist, sondern Kirche im Volk. Und wir müssen gleichzeitig noch einmal neu lernen, mit ganz vielen Menschen hier zu leben, die nicht Christen sind, die nicht katholisch sind und die viele Fragen haben.

Das Interview führte Matthias Friebe.


Quelle:
DR