Kardinal Marx über Wege zu Gott und aktuelle Fragen in der Kirche

"Soll ich nicht zweifeln?"

Kardina Marx schließt einen Segen für homosexuelle Beziehungen aus, genauso wie die Priesterweihe für Frauen – die Diskussion darüber jedoch nicht. Zudem zweifelt auch er gelegentlich an Gott. Aber auch ohne Kirche gebe es einen Weg zu Gott.

Kardinal Reinhard Marx / © Frank Rumpenhorst (dpa)
Kardinal Reinhard Marx / © Frank Rumpenhorst ( dpa )

Homosexuelle Paare können nach den Worten von Kardinal Reinhard Marx (66) in der katholischen Kirche einen Segen "im Sinne einer seelsorglichen Begleitung" bekommen. Damit werde aber keine eheähnliche Beziehung gesegnet, sagte er dem Magazin "stern" (Montag).

Auch eine Eheschließung sei nicht möglich. "Das Sakrament der Ehe ist auf die treue Beziehung zwischen Mann und Frau ausgerichtet, die offen ist für Kinder."

Homosexuelle: In der Kirche willkommen

Zugleich betonte Marx, dass Homosexuelle in der Kirche willkommen seien. Wenn Menschen in gleichgeschlechtlichen Beziehungen über Jahre in Treue lebten und füreinander da seien, dann dürfe die Kirche um dieses Leben keine "Klammer mit einem Minuszeichen" machen und sagen, dass das alles nichts wert gewesen sei.

"Dafür bekomme ich von manchen Seiten Kritik", sagte der Münchner Erzbischof. "Die einen sagen: Der geht zu weit. Die anderen: Der geht nicht weit genug."

Frauenpriesterweihe ausgeschlossen, Diskussion nicht abgeschlossen

Zum Thema Priesterweihe für Frauen sagte Marx, die Kirche könne nicht beiseiteschieben, was ein Papst bindend und eindeutig festgelegt habe. Johannes Paul II. habe 1994 sehr stark formuliert, dass die Kirche keine Vollmacht habe, Frauen die Priesterweihe zu spenden.

Auf dieses Wort habe Papst Franziskus kürzlich im Gespräch mit Marx verwiesen und gesagt: "Diese Tür ist geschlossen." Gleichwohl ist laut Marx die Diskussion über das Thema nicht abgeschlossen.

"So viele Wege zu Gott wie es Menschen gibt"

Für Kardinal Marx gibt es auch ohne Kirche einen Weg zu Gott. "Es gibt ja viele Menschen außerhalb der Kirche, die können ja nicht alle verloren gehen", sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz.

Auf die Frage, wie viele Wege es zu Gott gebe, habe der frühere Kardinal Joseph Ratzinger und inzwischen emeritierte Papst Benedikt XVI. einmal geantwortet: "So viele, wie es Menschen gibt."

Interesse an Jesus von Nazareth

Der Münchner Erzbischof bezeichnete die Kirche als "eine Art Lockvogel", der in der Welt herumfliegt und ruft: "Es gibt jemanden, der könnte euch interessieren! Jesus von Nazareth!"

Die Kirche solle das Oberlicht über den Köpfen aufreißen und den Blick zum Himmel frei machen.

Kritischer nach Missbrauchsskandal

Marx räumte ein, dass er nach dem Missbrauchsskandal kritischer auf die Geschichte der Kirche und "auf die Diskrepanz von Schein und Sein" schaue.

Bei den Missbrauchstaten handele es sich nicht um Einzelfälle, sondern um systemisches Versagen. Das schwere Unrecht von Geistlichen werde die Kirche verändern, aber nicht zerstören, "weil sie kein menschlicher Verein ist".

Glaubenszweifel als Kardinal

Der Münchner Kardinal zweifelt manchmal an Gott. "Ich bin auch nicht immer stark im Glauben", sagte er. "Nur weil ich Kardinal bin, soll ich nicht zweifeln?"

Je älter er werde, desto mehr spüre er, dass es Glauben ohne Zweifel nicht geben könne.

Gott ist kein "Reparaturbetrieb der Welt"

Auf die Frage, wo Gott in Auschwitz oder beim Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz gewesen sei, antwortete Marx: "Wir dürfen uns Gott nicht als Reparaturbetrieb der Welt vorstellen."

Wünsche, dass Gott einen Autounfall verhindere oder für das Bestehen des Abiturs sorge, seien zwar zutiefst menschlich. "Aber wir müssen tiefer eindringen in das Geheimnis der Beziehung zwischen Gott und Mensch."

Zutiefst menschlich

Laut Marx dürfen die Menschen ihr Machbarkeitsdenken nicht auf Gott übertragen nach dem Motto: "Wenn ich Gott wäre, dann hätte ich das aber alles ganz anders gemacht."

Es müsse akzeptiert werden, dass Gott ganz anders sei.

Solidarität mit Leidenden

Als Christ glaube er, dass Gott bei den Leidenden präsent sei. Es gebe kein Leben ohne Leid und Tränen. Gott solidarisiere sich mit den Opfern der Geschichte.

"Wer ein Kind missbraucht, missbraucht auch Gott", sagte der Münchner Erzbischof. Am Ende schaffe er Gerechtigkeit.


Quelle:
KNA
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