Kirche und Laien wollen mehr Präsenz zeigen

Der Beitrag zum Gemeinwohl

Raus aus der Verteidigungsposition und rein in die Welt. Bischöfe und Laien wollen ihr gesellschaftliches Engagement verstärken. Das öffentliche Wirken der Kirche sei kein Selbstzweck, sondern ein Beitrag zum Gemeinwohl, betont Erzbischof Zollitsch.

 (DR)

Deutschland befinde sich in einer Situation des dramatischen Rückgangs der Akzeptanz der bisherigen Regelungen zwischen Staat und Kirche. Deshalb, so der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, sei es notwendig, Zukunftsperspektiven zu entwickeln. "Derzeit wird die öffentliche Wahrnehmung immer mehr von einem flachen Verständnis von Religionsfreiheit geprägt, die versucht, die Gläubigkeit des Menschen in die Privatsphäre zu drängen. Gemeinsam sind wir jedoch überzeugt, dass Religion nur richtig verstanden wird, wenn man ihre öffentliche Wirkung zulässt, ja sie dankbar annimmt als einen wichtigen Beitrag zur Gesellschaft. Dabei ist es wichtig, immer wieder zu unterstreichen, dass es uns nicht um kirchliche Privilegien geht. Im Zentrum des gesellschaftlichen Wirkens steht der Mensch. Deshalb ist das öffentliche Wirken der Kirche kein Selbstzweck, sondern ein Beitrag zum Gemeinwohl“, so Erzbischof Robert Zollitsch.

Gemeinsame Tagung von Bischöfen und Laien

Zollitsch äußerte sich beim Symposion der Gemeinsamen Konferenz von Deutscher Bischofskonferenz und Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) in der katholischen Akademie in Berlin. Unter dem Titel "Die Präsenz der Kirche in Gesellschaft und Staat“ tagten Bischöfe und Laien am Donnerstag und Freitag. Gesucht wurden Antworten auf die Fragen, welche Veränderungen sich im öffentlichen Bewusstsein für die Bedeutung von Religion und kirchlichen Aktivitäten in der modernen Gesellschaft beobachten lassen, welche Veränderungen in der gesellschaftlichen Akzeptanz für die verschiedenen Kooperationsformen zwischen Kirche und Staat feststellbar sind und welche Auswirkungen diese Veränderungen im politischen Bereich haben oder haben können.

Die Frage der Präsenz der Kirche in Gesellschaft und Staat bilde einen ganz bedeutenden Schnittpunkt zwischen der Arbeit des ZdK und der deutschen Bischöfe, unterstrich Zollitsch: "Gerade bei diesem fundamentalen Thema müssen sich Bischöfe und Laien immer wieder eng verständigen.“

Alois Glück, Präsident des ZdK, forderte dazu auf, das Thema offensiv aufzugreifen. "Wer sich in eine reine Verteidigungsposition zurückzieht, wird die Möglichkeit verlieren, die Debatte und die politischen Entscheidungen mitzugestalten“, warnte Glück. "Wir müssen die zu beobachtende neue Aufmerksamkeit und Sensibilität für Fragen des Glaubens nutzen, um bei den Menschen Verständnis für die Rolle der Kirche in unserer Gesellschaft und unserem Staat zu gewinnen.“ Zugleich müsse man realisieren, dass auch im Zuge des demografischen Wandels binnen einer Generation der Bevölkerungsanteil der Christen markant sinken werde. "Wir müssen uns aktiv auf diese Veränderungen einstellen, um weiterhin kulturprägend sein zu können“, so Glück.

Kardinal Marx: Beitrag zu einem vereinten Europa

In seinem Referat „Europäische Integration und die Präsenz der Kirche in Gesellschaft und Staat“ forderte Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising, eine verstärkte Bemühung, als Kirche in Europa präsent zu sein. "Damit die Verdienste der Christen in Europa nicht nur eine historische Reminiszenz werden, die wir wie eine Monstranz vor uns hertragen, ohne selbst noch substantiell etwas einzubringen, ist die Kirche auch heute gefordert, weiterhin zu einem vereinten Europa beizutragen“, so Kardinal Marx. Dieser Beitrag werde von vielen politischen und gesellschaftlichen Akteuren ausdrücklich gewünscht. "Insgesamt muss die Kirche als Dialogpartner für die Institutionen der Europäischen Union, für politische Parteien, Ländervertretungen, Think-Tanks und zivilgesellschaftliche Organisationen und mit einer breiteren Themenpalette und Initiativen zu gesellschaftspolitischen Themen auf dem Brüsseler Parkett auftreten. Wir haben derzeit die Chance, um unsere Anliegen zu Gehör zu bringen, denn viele führende Politiker in der EU sind offen für den Beitrag der Kirche. Diese günstige Situation sollten wir nicht verspielen“, sagte Kardinal Marx. Die Kirche könne hier noch stärker pro-aktiv arbeiten. "Als Christen haben wir unseren Beitrag zu leisten beim Aufbau Europas, sowohl als Bischöfe als auch als Laien.“
Erzbischof Zollitsch und Präsident Glück unterstrichen zum Abschluss des Symposiums, dass gemeinsam über die Zukunft des politischen Katholizismus gesprochen werden müsse und forderten dazu auf, die kirchliche Arbeit auf europäischer Ebene verstärkt in den Blick zu nehmen.
 


Quelle:
DBK , DR