Der katholischen Hochschultheologie geht der Nachwuchs aus

Auszehrungserscheinungen

Die katholische Universitätstheologie in Deutschland befindet sich dramatisch auf dem Rückzug. Auf dieses Fazit lässt sich die Studie zuspitzen, die der Frankfurter Professor Bernhard Emunds den Bischöfe in Regensburg präsentierte.

Autor/in:
Christoph Renzikowski
 (DR)

Ausgerechnet in Regensburg, an dem Ort, an dem Joseph Ratzinger vor seiner Beförderung ins Bischofsamt seine glänzende Karriere als Hochschullehrer beschloss - mit einem Schülerkreis aus aller Welt.



Nur eine Generation später welkt im Land des Professoren-Papstes die Theologie dahin, die einst als Mutter aller Wissenschaften galt, und ohne die eine Universität undenkbar war. Fakultäten werden zu Instituten herabgestuft und damit die Zahl der Lehrstühle auf einen Schlag halbiert. So geschehen zuletzt in Bamberg und Passau, demnächst in Benediktbeuern. Weitere werden absehbar folgen, nicht nur in Bayern.



Theologie "made in Germany"

Rahner, Metz, Küng, Kasper, Lehmann und eben auch Ratzinger sind klangvolle Namen, die der Theologie "made in Germany" internationale Geltung verschafften. Zwar versteht es auch aus der jüngeren Forschergeneration der eine oder die andere, auf sich aufmerksam zu machen. Doch der Spitze fehlt die Breite. Die hiesige Hochschullandschaft ist im Umbruch, und die Theologie kämpft um den Anschluss.



Weil sich nur noch eine kleine Schar junger Männer dem Priesterberuf zuwendet und sich die Bistümer bei der Einstellung von Laientheologen zurückhalten, absolvieren immer weniger junge Leute ein theologisches Vollstudium. Derzeit sind es nicht mehr ganz 2.200, vor 15 Jahren waren es noch doppelt so viele. Das Gros der Studenten rekrutiert sich inzwischen aus angehenden Lehrern. Mit der Folge stark sinkender Zahlen bei Promotionen und Habilitationen.



Diese Entwicklung bringt die noch bestehenden 20 katholisch-theologischen Fakultäten in Deutschland in Nöte. In Fächern wie Moraltheologie oder Alter Kirchengeschichte wird es in den nächsten Jahren statistisch gerade mal einen geeigneten Bewerber für jede freiwerdende Professur geben. Fehlt die Konkurrenz, leidet die Exzellenz. Anlass zur Sorge gibt auch, dass sich nur noch wenige katholische Theologinnen für eine wissenschaftliche Laufbahn qualifizieren.



Bischof Mussinghoff: Hochschulplanung, die das Ganze im Auge behält

Der Aachener Bischof Heinrich Mussinghoff sagt, nötig sei nun eine "strategische Hochschulplanung, die das Ganze im Auge behält".

Mussinghoff leitet die Wissenschaftskommission der Deutschen Bischofskonferenz. Ein völliger Rückzug aus der staatlichen Universitätstheologie oder die Konzentration auf eine Handvoll Standorte kommt nicht infrage. Nur noch auf kircheneigene Hochschulen zu setzen, käme die Bistümer zu teuer. Die Neigung dazu erscheint auch mit Blick auf die anhaltenden Finanzierungsprobleme der einzigen katholischen Universität Deutschlands in Eichstätt/Ingolstadt aktuell gering.



Eine Gesamtstrategie zu entwickeln ist allerdings schwierig, weil zumindest die staatlichen Fakultäten politisch Ländersache sind. Nach den bayerischen Erfahrungen käme es darauf an, überregionale Konzepte zu entwickeln, bevor ein Landesrechnungshof erneut einzelne Standorte infragestellt und die Kirche damit in die Defensive drängt. Umso mehr überraschte unlängst der Berliner Kardinal Rainer Maria Woelki mit der Idee einer neuen theologischen Fakultät in der Bundeshauptstadt.



Die katholische Theologe ist in Deutschland mit ihren Problemen nicht allein. Auch die evangelischen Fakultäten haben weniger Studenten. Laut Wissenschaftsrat tun sich die Theologen schwer mit der Behauptung im verschärften Verteilungskampf der wissenschaftlichen Disziplinen an den Universitäten. Zu sehr schwarzmalen will Emunds aber auch nicht. "Theologie ist eines der faszinierendsten Fächer, das man sich vorstellen kann", findet der 49-jährige Volkswirt und Sozialethiker.


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