Bischöfe bitten mit Bußakt um Vergebung für Missbrauch

"Wir empfinden tiefe Scham"

Mit einem Bußakt im Paderborner Dom haben sich die katholischen Bischöfe Deutschlands noch einmal für den Missbrauchsskandal entschuldigt. Zum Auftakt ihrer Frühjahrsvollversammlung baten die 69 Kardinäle, Erzbischöfe und Bischöfe am Montagabend Gott um Vergebung für die Vergehen von Geistlichen und Kirchenmitarbeitern sowie um Hilfe für einen Neuanfang.

Autor/in:
Christoph Arens
 (DR)

Mit einem symbolischen Akt der Buße und der Bitte um Erneuerung haben die katholischen Bischöfe ihre Frühjahrsvollversammlung in Paderborn begonnen. Mehr als ein Jahr nach Bekanntwerden des Missbrauchsskandals wollten sie durch diese besondere Form der Liturgie "Gott noch einmal um Vergebung für jene Schuld bitten, die Priester, Ordensleute und andere kirchliche Mitarbeiter auf sich geladen haben", wie es der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, formulierte.



Um den genauen Ablauf des Bußakts hatten die Bischöfe lange gerungen. Jedes Detail sollte stimmen. Und so zogen die 69 Kardinäle, Erzbischöfe und Bischöfe am Montagabend nicht durch das Hauptportal in den Dom ein, sondern durch die Rote Pforte, an deren Torbögen Darstellungen daran erinnern, was Menschen einander antun: Dargestellt werden Halsabschneider, Streithähne und Menschen, die sich nicht mehr in die Augen schauen. Der Einzug der violett geleideten Bischöfe wurde von Demonstranten mit Pfiffen und Transparenten wie "Buße allein genügt nicht", aber vereinzelt auch mit Beifall begleitet.



In demonstrativ schlichter Prozession zogen die Bischöfe hinter einem gotischen Holzkreuz, einem Lebensbaum mit dem leidenden Jesus, zum Altar. Zollitsch verzichtete auf Mitra und Bischofsstab. In drei Vergebungsbitten bekundeten die Bischöfe vor Gott auch eigenes Versagen. "Wir empfinden tiefe Scham. Männer der Kirche haben junge Menschen, die ihnen anvertraut waren, missbraucht und ihrem Leben schweren Schaden zugefügt. Allzu oft haben die Verantwortlichen weggeschaut", hieß es in einer der Bitten. Diese Schuld könne niemals ungeschehen gemacht und auch nicht entschädigt werden, betonte Zollitsch in seiner Predigt. "Es sind nur Zeichen der Reue und die Bitte um Verzeihen möglich."



Es war nicht die erste Bitte um Entschuldigung. Im vergangenen Juni hatte Papst Benedikt XVI. eine Vergebungsbitte für die Vergehen von Geistlichen formuliert. Und Ende November hatte der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode ein öffentliches Schuldbekenntnis abgelegt und sich bei einer Bußfeier im dortigen Dom wie in einem Karfreitagsgottesdienst vor dem Altar auf den Boden gelegt - eine Geste, die die Bischöfe am Montag nicht wiederholten.



In Paderborn werden die meisten Bischöfe noch einmal mit Schaudern auf das vergangene Jahr zurückblicken. Als sie sich im Frühjahr 2010 zu ihrer Vollversammlung in Freiburg trafen, kam der Missbrauchsskandal gerade ins Rollen. Fast täglich wurden neue Fälle aus vergangenen Jahrzehnten bekannt. Schon damals entschuldigten sich die Bischöfe "bei allen, die Opfer eines solchen Verbrechens wurden."



Bei Worten blieb es nicht. Die Freiburger Vollversammlung wurde zum Ausgangspunkt der Aufarbeitung des Skandals in mehreren Stufen: Der Trierer Bischof Stephan Ackermann wurde zum Missbrauchsbeauftragten ernannt und eine Hotline für die Opfer eingerichtet. Im Sommer verschärften die Bischöfe die Leitlinien für den Umgang mit den Tätern, im September verabschiedeten sie ein Präventionskonzept und präsentierten ein Modell zur materiellen Anerkennung des Unrechts. Anfang März legte sich die Bischofskonferenz auch bei der finanziellen Entschädigung fest: Demnach sollen Betroffene bis zu 5.000 Euro erhalten.



Manchen Opfern reicht das nicht. Deshalb hatte der "Eckige Tisch", der die Interessen von Missbrauchsopfern aus kirchlichen Einrichtungen vertritt, für Montagnachmittag zu einer Mahnwache auf dem Paderborner Domplatz aufgerufen.



Die Bischöfe setzen in der Paderstadt auf einen Neuanfang. Wohl niemand von ihnen bestreitet, dass die Kirche in der wohl größten Krise ihrer jüngeren Geschichte steckt. Dabei, so der Konferenzvorsitzende Zollitsch, war der Missbrauchsskandal wohl nur der Beschleuniger einer Entwicklung, die sich schon lange abzeichnet. Der Freiburger Erzbischof hat deshalb im September einen bundesweiten Dialogprozess zur Zukunft der Kirche ausgerufen. In Paderborn, das auf eine 1.200 jährige Bistumsgeschichte zurückblickt, sollen Schritte festgelegt werden, damit Glauben und Kirche in Deutschland zukunftsfähig bleiben.


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