Karlsruher Künstler Emil Wachter ist tot

Undogmatisch und universal

"Die Bibel ist die Mutter der Bilder, die Bibel ist der Bauplan der Welt, die Bibel stellt die entscheidenden Fragen, und wir sind es, die Antworten geben müssen." So fasste Emil Wachter sein künstlerisches Credo zusammen. Zum 90. Geburtstag ehrte ihn das Museum Würth in Künzelsau im Oktober mit einer großen Retrospektive. Am Donnerstag ist der international renommierte Künstler gestorben, wie am Freitag in Karlsruhe bekanntwurde.

Autor/in:
Peter W. Kohl
Verstorben: Emil Wachter (KNA)
Verstorben: Emil Wachter / ( KNA )

Wie bei kaum einem anderen Künstler der Gegenwart standen Wachters Leben und Schaffen im Zeichen seines Glaubens, der geistigen und ästhetischen Auseinandersetzung mit der christlichen Heilsbotschaft. Nach der Erfahrung des Nationalsozialismus, nach Reichsarbeitsdienst und Kriegsjahren in Russland und Frankreich stand der junge Katholik vor der Entscheidung, ob er Theologe oder Künstler werden solle.



Nach dem Abschluss des Theologie- und Philosophiestudiums an der Universität Freiburg im Jahr 1948 erwies sich sein Drang zur Bildenden Kunst als stärker. Nach einem Semester an der Münchener Kunstakademie folgte 1949 ein fünfjähriges Studium an der Kunstakademie in Karlsruhe, wo Lehrer wie Hubbuch, Heckel und Trummer sein herausragendes Talent entdeckten und förderten. Der Erfolg stellte sich früh ein, bereits 1958 wurde er selbst Lehrer in Karlsruhe. 1983 wurde er, der aus einer einfachen Bauernfamilie aus Neuburgweier bei Karlsruhe stammte, zum Professor ernannt.



Wachters Werk ist kaum überschaubar. Die sichtbarsten und populärsten Zeugnisse seiner unermüdlichen Schaffenskraft und seines tiefen Glaubens finden sich an und in sakralen Gebäuden: Wand- und Deckengemälde, Glasfenster, Gobelins, Mosaike, Plastiken sowie die von ihm entwickelten Beton-Reliefs, womit er in der Kirche in Osterburken und vor allem in der Autobahnkirche St. Christophorus in Baden-Baden seine Handschrift hinterließ.



Imposante Deckengemälde der barocken St. Martinskirche in Ettlingen

An öffentlichen, insbesondere kirchlichen Aufträgen mangelte es Wachter zu keiner Zeit. Seine letzte ganz große Herausforderung stellte wohl das 1988 fertiggestellte imposante Deckengemälde der barocken St. Martinskirche in Ettlingen dar. Doch bei aller Nähe zur katholischen Kirche und aller Verbundenheit mit der Region um seinen Lebensmittelpunkt Karlsruhe - die Themen und die Formensprache der Arbeiten Wachters waren undogmatisch und universal. Sein Oeuvre umfasst Ölgemälde, Tuschzeichnungen, Aquarelle, Gouachen, Radierungen, Lithografien, Serigrafien und Skulpturen. Und es sind nicht nur biblische Gestalten und Szenen darauf zu sehen, sondern auch mehr oder weniger bekannte Mitmenschen, Landschaften und Städte, Natur-Impressionen, Tiere, vor allem in mannigfachen Variationen Vögel als Symbol der Freiheit und Unabhängigkeit, sanfte Traumgebilde, die an den von Wachter geschätzten Marc Chagall erinnern.



Seine Reisen inspirierten ihn dabei ebenso wie die Musik, wobei er betonte: "Ich meine nicht nur die von Menschen gemachte Musik, sondern auch die natürliche: Vogelgesang, Wassergeplätscher, das Rauschen der Bäume." Dabei bewegte sich Wachter mit traumwandlerischer Sicherheit im Grenzbereich zwischen Figürlichkeit und Abstraktion, ließ mit seiner vielfältigen und zugleich auf das Elementare verknappten Formensprache viel Raum für die Imagination des Betrachters.



Seit 1963 lebte er in der Karlsruher Waldstadt, wo er sich mit dem von ihm gestalteten Kauz-Brunnen ebenfalls verewigte. Die Kunstwerke von Wachter sind in Museen, sakralen Räumen und im öffentlichen Raum so präsent wie eh und je. Noch im neunten Lebensjahrzehnt realisierte er mehrere Glasarbeiten in Kirchenbauten.