Der Priester und Maler Sieger Köder wird 85 Jahre alt

Die Bibel in Bildern

Nun malt er schon über 80 Jahre. Als kleiner Bub, erzählt Sieger Köder, sei er von seinem Geburts- und Elternhaus immer wieder zur nahen Kirche gelaufen und habe versucht, die Kreuzwegstationen nachzumalen. Und ein nun langes Leben malt Köder, der am Sonntag 85 Jahre alt wird, biblische Szenen.

Autor/in:
Christoph Strack
 (DR)

«Damals habe ich gemerkt, dass ich keinen so schön lieben Heiland hinkriege wie die Nazarener.» Auch wenn der knapp fünfjährige Sohn des Gemeindekämmerers von Wasseralfingen enttäuscht war: «Dieser Kreuzweg ist mir ein Leben lang nachgegangen», sagt er.

Der gemütliche Schwabe mit dem weißen Schopf, der dicken Brille und dem Hörgerät ist einer der bedeutenden lebenden christlichen Künstler im deutschsprachigen Raum. Seine farbenprächtigen Bilder hängen in vielen Kirchen zumeist Süddeutschlands, auch in Paris und Rom. Spätestens das Misereor-Hungertuch von 1996 machte ihn weit bekannt. Und nicht wenige seiner Bilder finden sich auch in Schulbüchern. Papst Johannes Paul II. verlieh ihm 1985 den Ehrentitel «Monsignore». Doch dem malenden Geistlichen von der Schwäbischen Alb ist seine Berühmtheit fast peinlich. «Andere Vikare», erinnert er sich in wohligem Schwäbisch an den Beginn seines Priesterlebens, «konnten Klampfe spielen oder singen. Das kann ich nicht. Nachdem ich mich entschlossen hatte, Pfarrer zu werden, habe ich es halt ausgenutzt, dass ich malen kann.»

Die Heilige Schrift ist unerschöpfliche Quelle für seine Themen. So ist seine «Tübinger Bibel» von 1967 ein Klassiker, ihr folgten weitere Bibeleditionen. Köder verwendet bekannte Motive, aber er bügelt sie gegen den Strich: Er zeichnet den Apostel Paulus, der sich selbst als «Narren um Christi willen» bezeichnete, als Clown. Und statt des Jesuskindes malt er eine aufgeschlagene Bibel in der Krippe.

Mit seiner religiösen Themenwahl steht der Priester im manchmal schwierigen Spagat zwischen Kirche und Kunst. Er hat ihn regelrecht gelebt. Nach dem Zweiten Weltkrieg studierte der vom «Bund Neudeutschland» geprägte Schwabe zunächst in Schwäbisch Gmünd und an der Kunstakademie Stuttgart, unterrichtete dann als Kunsterzieher und Englischlehrer. Doch das reichte ihm nicht. So ging er mit 40 erneut an die Universität und studierte in den bewegten Tagen nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) Theologie in Tübingen. So unterschiedliche Denker wie Joseph Ratzinger und Hans Küng gehören zu seinen Lehrern. Nach der Wahl von Benedikt XVI. schickte er dem alten Lehrer ein Bild mit Pfingstmotiv. Dass der Papst im November Künstler empfing, erfreut ihn. «Schön, dass er den Blick auf die zeitgenössische Kunst legt.» Das sei gut und richtig, auch notwendig..

1971 empfing er die Priesterweihe. Seitdem malt Köder neben seinem Wirken als Seelsorger. «Natürlich ist meine Kunst Verkündigung», betont er. Er sei ein schlichter schwäbischer Pfarrer, der malt, und nicht ein Maler, der übers Wochenende mal «Hobby-Pfarrer» ist. Vom kleinen Propheten spricht er, «der halt nicht sprechen kann, sondern malen». Und: «Vielleicht ist das, was ich mache, ja eine moderne biblia pauperum, eine Armenbibel.» Künstlerisch orientiert sich Köder an Picasso, Goya, Chagall oder El Greco.

Als Pfarrer ist Köder seit 1995 pensioniert. Seitdem steht er, die blaue Schürze umgebunden, öfter im Atelier seines Ellwangener Wohnhauses. Ein lichter Raum, von Farben erfüllt. Das Glasdach lässt kräftiges Rot und Blau auf halbfertigen Bildern leuchten. Mittendrin schlurft der Hausherr in Sandalen durchs Atelier. Auch im Alter malt Köder. «Es geht halt ein bisschen langsamer», sagt er. Erst vor wenigen Wochen schloss er ein Deckenbild für die Pfarrkirche im allgäuischen Primisweiler ab. Köder nahm sich Zeit, malte auf Holz und Leinwand am Boden. «Ich kann doch nicht mehr auf ein Gerüst steigen.»