Vatikanexperte kritisiert Auftreten des emeritierten Papstes

"Es kann nur einen geben"

Nach knapp acht Jahren ist Benedikt XVI. nun länger im Ruhestand als im Papstamt. Trotzdem sorgt er immer wieder für Aufsehen, auch mit kirchenpolitischen Äußerungen. Kritik kommt vom Vatikanexperten Ulrich Nersinger.

Der emeritierte Papst Benedikt XVI. (l.) begrüßt Papst Franziskus am 28. November 2020 im Vatikan-Kloster "Mater ecclesiae" im Vatikan / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Der emeritierte Papst Benedikt XVI. (l.) begrüßt Papst Franziskus am 28. November 2020 im Vatikan-Kloster "Mater ecclesiae" im Vatikan / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

DOMRADIO.DE: Es gibt immer wieder Diskussionen darüber, ob es einen emeritierten Papst geben kann. Und trotzdem trägt Benedikt XVI. weiter das weiße Gewand und lässt sich mit "Eure Heiligkeit" ansprechen. Warum besteht er so auf diese Rolle?

Ulrich Nersinger (Vatikanexperte): Das ist eine sehr gute Frage. Ich weiß das auch nicht so zu beantworten. Ich denke, dass man vielleicht auch auf ihn eingewirkt hat, so zu handeln. Ich selber halte das nicht für sehr klug.

Ich denke, das widerspricht auch seiner so oft beschworenen Hermeneutik der Kontinuität, also der Interpretation und Auslegung des Glaubens. Er bricht mit den Traditionen.

DOMRADIO.DE: Benedikt XVI. mischt sich ja auch immer wieder kirchenpolitisch ein. Vor allem gab es Kritik, als er sich vergangenes Jahr zum Thema Zölibat äußerte und seinen Nachfolger Franziskus kritisiert hat. Welchen Stellenwert hat seine Meinung in solchen Fällen noch?

Nersinger: Das darf eigentlich gar nicht geschehen. Er wollte sich ja zurückziehen, eine klösterliche Abgeschiedenheit - und dann kann man das eigentlich nicht mehr machen. Es ist dann auch in gewisser Weise unfair gegenüber dem Nachfolger. Lassen Sie mich mal dieses Beispiel nehmen vom Highlander: "Es kann nur einen geben". Es kann auch nur einen Papst geben, auch wenn der andere sich emeritiert nennt. Es kann nur die Meinung eines Papstes in der Kirche Geltung haben.

DOMRADIO.DE: Benedikt XVI. hatte damals ja bei seinem Rücktritt angekündigt, für die Welt verborgen zu leben. So richtig umgesetzt hat er das also nie. Oder?

Nersinger: Nein, gar nicht. Auch wenn ich an die vielen Besucher denke. Das ist noch nicht einmal das Schlimme. Aber diese geschehen oft und es werden bei jedem Besuch Bilder gepostet. Das ist kein Zeichen klösterlicher Abgeschiedenheit. Es wirkt kontraproduktiv auf das Papstamt hin.

DOMRADIO.DE: Der Rücktritt war am 28. Februar 2013. Hätten Sie damals gedacht, dass acht Jahre später noch so über seine Rolle diskutiert werden würde?

Nersinger: Nein. Ich habe gehofft, dass er das umsetzt, was er versprochen hat. Was er angedeutet hat. Ich habe nicht gedacht, dass er dann doch wieder präsent wird. Vor kurzem hat Kardinal Müller gesagt, das Petrusamt verlangt auch eine eigene Herausforderung des Verständnisses. Es kann keine zwei Nachfolger des Petrus geben.

Das Petrusamt ist ein Amt der Einheit, und da kann es nur einen geben, der uns allen so im Bewusstsein als Papst erscheint. 

Das Gespräch führte Tobias Fricke.

 

Vatikanexperte Ulrich Nersinger (EWTN)
Vatikanexperte Ulrich Nersinger / ( EWTN )
Quelle:
DR
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