Wie Bayern um seine Josefi-Tradition kämpft

Ein Name stirbt aus

Der Ziehvater Jesu hat es heutzutage schwer. Zu angestaubt wirkt der Name des frommen Handwerkers. Bei jungen Eltern ist er schon lange nicht mehr populär, selbst in Bayern. Einige Josefs stemmen sich gegen den Trend.

Fast acht Jahre war Joseph Ratzinger Papst (KNA)
Fast acht Jahre war Joseph Ratzinger Papst / ( KNA )

Benedikt XVI. und Pep Guardiola haben in Bayern manche Spuren hinterlassen. Doch schafften es weder Papst noch Meistertrainer, ihrem bürgerlichen Vornamen zu neuer Blüte zu verhelfen. Buben, die in diesen Tagen auf die Welt kommen, werden auch im katholisch geprägten Freistaat nicht mehr Sepp oder Bepi gerufen, sondern vorzugsweise Leon, Finn und Emil. Traditionsbewusste wollen sich damit nicht abfinden. Besonders am Josefstag, der im katholischen Heiligenkalender auf den 19. März fällt, werben sie für den Vornamen.

Josefsvereine gibt es als katholische Männergemeinschaften noch in etlichen Pfarreien. Meist genügt es fürs Mitmachen, sich dem Ziehvater Jesu in Glauben und Leben irgendwie verbunden zu fühlen. In Hemau bei Regensburg wird nur aufgenommen, wer selbst so heißt wie der Schutzpatron der Zimmerleute. Auf immerhin 81 Mitstreiter ist der Zusammenschluss angewachsen, darunter drei Josefinen. Am Sonntag feiert der Verein sein 20-jähriges Bestehen in der Wallfahrtskirche Eichlberg.

Prominentes Mitglied

Stolz ist man auf ein prominentes Ehrenmitglied: Papst Benedikt XVI., vor bald 90 Jahren als Josef Alois Ratzinger geboren. Aber der Nachwuchs macht Initiator Josef Nigl große Sorgen. "Junge Eltern sagen, das ist kein schöner Name." Bundesweit rangiert Josef tatsächlich abgeschlagen auf Platz 165 in der einschlägigen Hitliste, Josephine landete 2016 bei den Mädchen immerhin auf Rang 51.

Sein jüngstes Mitglied sei jetzt auch schon 10 Jahre alt, jammert Nigl. Und dass man an der Alterspyramide des Vereins ablesen könne, wie der Name vor gut 40 Jahren aus der Mode kam. Vielleicht sollten sich die Oberpfälzer ein Beispiel nehmen am fränkischen Josefsclub, der seit mehr als 30 Jahren ein Begrüßungsgeld für Little Joe auslobt.

Josef-Prämie

Josef Kuhn, Heimatdichter in der Rhön, ließ nicht ruhen, dass sein Taufname sang- und klanglos zu verschwinden drohte. Jedem neuen Erdenbürger gleichen Vornamens versprachen Kuhn und Kollegen aus einer gemeinsamen Kollekte eine Geburtsprämie von zum Teil mehr als 100 Euro, verbunden mit der Einladung zur alljährlichen gemeinsamen Namenstagsfeier. Dort gab es dann das Geld und ein persönliches Gedicht für jeden Neuling dazu.

Die Idee zog internationale Kreise. Zum Bedauern der Rhöner Josefs begnügten sich allerdings einige damit, das Geld abzugreifen und sich dann wieder aus dem Staub zu machen. Inzwischen werden nur noch Neugeborene aus der Region bedacht, erzählt "Oberjosef" Kiesel aus Bad Kissingen, der das Amt von Kuhn erbte, als dieser 2005 verstarb. Kontakt besteht heute zu etwa 18 Patenkindern. Am Sonntag werden sie im Burgwallbacher Gasthaus Zum Hirschen wieder den Hut herumgehen lassen und über zwei bis drei Neuaufnahmen entscheiden.

Aber lässt sich das langsame Aussterben der Josefs dadurch wirklich aufhalten? Gegen den Trend kommt aus dem Rathaus im schwäbischen Aichach frohe Kunde: Dort stürmte 2016 überraschend Josef die Charts der beliebtesten Vornamen. Das kann kein Zufall sein.

Josef-"Parteitag"

Schließlich residiert in Aichach seit 32 Jahren die "Königlich-Bayerische Josefspartei" (KBJP). Die Organisation verfolgt nur ein Ziel: Die Wiedereinführung des Josefitages als gesetzlichem Feiertag - so wie er bis 1968 Bestand hatte. Auf 6.500 Mitglieder in aller Welt beziffert die Truppe ihre Stärke. Wobei es sich eher um einen Verein als um eine politische Partei handelt, denn zu Wahlen tritt sie nicht an. Ihre Aktionsformen beschränken sich auf einen jährlichen "Parteitag" in Verbindung mit einem Brauereifest im Mai und ein Weißwurstessen am 19. März.

Die Satzung berechtigt Parteimitglieder dazu, Josef als Zweitnamen zu führen. Und sie verpflichtet, den 19. März in Ehren zu halten, bei Zuwiderhandlung erlischt die Mitgliedschaft. Auch sonst lässt die KBJP, die aus den "Damischen Rittern" hervorging, keinen Zweifel daran, dass es ihr bitter ernst ist. Sollte die Wiedereinführung des Josefitags am Widerstand Berlins oder Brüssels scheitern, so droht die Partei, werde die Trennung Bayerns von Deutschland und Europa unumgänglich sein. Darauf einen Josefi-Bock aus der Reutberger Klosterbrauerei.

Christoph Renzikowski


Quelle:
KNA