Der Kölner Weihbischof Heiner Koch zur Papstrede im Freiburger Konzerthaus

Eine spirituelle Rede

Weihbischof Heiner Koch erlebte die Ansprache des Papstes im Freiburger Konzerthaus als Teil der Kölner Delegation. Im domradio.de-Interview berichtet Koch über seine Eindrücke und Begegnungen der vergangenen Tage.

 (DR)

domradio.de: Herr Weihbischof, ich grüße Sie in Freiburg. Welchen Gedanken aus dieser Ansprache Papst Benedikts XVI., die Sie gerade noch im Konzerthaus gehört haben, nehmen Sie mit?

Weihbischof Heiner Koch: Es ist eine ganz geistliche Rede geworden, eine spirituelle Rede kann man sagen. Der Papst hat Bezug auf den Dialogprozess genommen, und darauf, wo man die Kirche in der gesellschaftlichen Situation, in der Säkularisation verortet. Er hat an die Wurzeln der Kirche und an die Schönheit ihrer Botschaft erinnert, dass die Kirche der Weg der Verheißung ist. Auch in den anstehenden Fragen des Dialogprozesses, den wir ja anfangen, hat er im Grunde noch einmal die markante Entscheidungssituation in dieser Gesellschaft, in dieser Zeit ausgedrückt. Und gleichzeitig die Kirche noch einmal als Geheimnis aufklingen lassen.



domradio.de: Wie ist diese Rede denn aufgenommen worden, welche Stimmung war im Saal zu spüren?

Koch: Es herrschte eine sehr konzentrierte Stimmung, wie ich sie die ganzen Tage über schon erlebe. Sicherlich ist es eine Rede, die man nochmals nachlesen muss. Aber der Papst hat in seiner Bescheidenheit, durch die Tatsache, dass er sich hinter Gott und die Botschaft zurücknimmt, natürlich Sympathie gewonnen. Es wird sicher auch die geben, die sagen, dass ist zu wenig konkret, wir hätten gern mehr inhaltlich ganz konkrete Aussagen gehabt, die vielleicht sogar in manchen Punkten unseren Wünschen nachkommen. Aber dazu ist weder der Papst bereit, noch diese Reise die richtige Gelegenheit gewesen.



domradio.de: Also allen, die mehr Konkretes erwartet haben, sagen Sie: Dazu war dieser Papstbesuch nicht der richtige Anlass. Wozu war es denn Ihrer Meinung nach der richtige Anlass? Was war für Sie der Sinn und Zweck?

Koch: Also zunächst einmal sicherlich das Motto: Wo Gott ist, da ist auch Zukunft. Und es ging ihm in allen Reden, die ich gehört habe, in Berlin angefangen, auch im Bundestag, schlicht und ergreifend um die tiefe geistige Sicht: Vergesst Gott nicht. Gott ist der, der Dir hilft, das Menschsein erfüllt zu leben und der die Erfüllung des menschlichen Lebens ist. Das war eine quasi philosophisch-anthropologische Rede mit geistigen Impulsen. Ganz markante Sätze, also Kirche ist Geheimnis und Geheimnis ist schön. Solche Sätze, die muss man einfach verdauen und auf sich wirken lassen. Manchem mögen die auch etwas fremd sein, wenn er vom Geheimnis der Kirche spricht. Aber in all diesen Reden - auch heute  bei der Bischofskonferenz - habe ich den Papst als einen erlebt, der seine Person hinter seine persönlichen Überzeugungen ganz stark zurücknimmt und sagt: Ich möchte schlicht und ergreifend das Wort Gottes verkörpern. Das war im Grunde der Sinn der Reise: die Menschen, die in unserer Gesellschaft oftmals Gott vergessen, einfach an Gott zu erinnern und zu zeigen: Ihr lebt in Gott und von Gott und auf Gott hin. Es ist eine sehr theologische Reise gewesen.



domradio.de: Die katholische Kirche hat sich ja eine Stärkung des Glaubens von dieser Reise gewünscht. Heute redet man ja immer von Nachhaltigkeit - wird diese Reise langen Nachhall haben in der katholischen Kirche?

Koch: Bestimmt. Ich habe heute noch mit Jugendlichen gesprochen, die gestern Abend auch bei der Vigilfeier dabei waren. Die haben das fast wie einen Weltjugendtag erlebt, diese Zusammenkunft mit so vielen Menschen, vor allem mit den in der Kirche engagierten Menschen, die sich bemühen als Christen zu leben, das war ja kein Schaupublikum, das war ja diesmal überhaupt nicht der Fall. Für die hat diese Verwurzelung, diese Vertiefung sicher ein ganz hohe Bedeutung. Aber auch das Erlebnis der Gemeinschaft und dieses Papstes wirkt stark. Ich muss es vielleicht anhand der Liturgie noch einmal deutlich machen: Wenn er zum Beispiel sagt oder sagen lässt: Jetzt bitte keinen Beifall und kein Fahnenschwenken, wir wollen jetzt Stille halten. Dieser Gedanke kam in jeder Eucharistiefeier heraus. Da merkt man einfach, es geht ihm um mehr als einen Kurzzeiteffekt oder eine kurze emotionale Rührung, sondern ihm geht es wirklich um die Tiefe. Und diese Tiefe ist schön, das ist seine große Botschaft gewesen.



domradio.de: Geht in die Tiefe ... Sie haben den Papst ja aus nächster Nähe erlebt und das auch einmal abseits der offiziellen Programmpunkte. Wie hat denn Benedikt XVI. auf Sie gewirkt? Er hat ja trotz dieses Mammutprogramms einen recht fitten Eindruck gemacht.

Koch: Es ist erstaunlich, geistig fit, wie er ist, ist es wunderbar, ihm zuzuhören. Natürlich ist er seit unserer ersten Begegnung vor sechs Jahren bei der Vorbereitung und Durchführung des Weltjugendtages durch die vielen Belastungen schon körperlich schwächer geworden, das spürt man ganz klar. Aber wenn man in seine Augen sieht und merkt, wie er frei formuliert und lebendig redet, dann ist das ein Genuss. Und gerade nach Johannes Paul II. ist dieser theologische, in die Tiefe gehende, sich zurücknehmende, bescheidende Papst für uns ein Segen und schon als Person eine Botschaft.