Ministerpräsidentin Lieberknecht zum Papstbesuch in Thüringen

"Es war ein großartiges Erlebnis"

Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht hat eine positive Bilanz des zweitätigen Papstbesuchs in Thüringen gezogen. Im domradio.de-Interview spricht sie von einer Begegnung von globaler Reichweite.

 (DR)

domradio.de: Frau Lieberknecht, die aufregenden Tage haben sich dem Ende geneigt. Papst Benedikt ist schon wieder in Freiburg gelandet. Wie sieht denn Ihr persönliches Fazit aus?

Christine Lieberknecht: Es war ein großartiges Erlebnis. Es war eine historische Begegnung. Es gibt bleibende Eindrücke. Es war eine große Referenz an Thüringen, an die Menschen im Land, und vor allem die Hinwendung und Liebe von Papst Benedikt XVI zu den Menschen hat mich sehr beeindruckt.



domradio.de: Sie haben das ja schon im Vorfeld als Ihr ganz persönliches Wunder bezeichnet. Dass der Papst auch das Augustinerkloster besucht hat, wie war das jetzt, wenn Sie zurückblicken?

Lieberknecht: Der Besuch des Augustinerklosters und das Treffen mit der Spitze der evangelischen Kirche sind eine historische Begegnung, es ist das erste Mal nach nahezu 500 Jahren Reformation, dass eine Begegnung auf diese Weise an diesem Ort stattgefunden hat. Und von daher ist es auch eine Begegnung von globaler Reichweite. Es sind Bilder, die um die Welt gehen, und sie werden nicht ohne Einfluss bleiben.



domradio.de: Und trotzdem macht sich jetzt in den Medien ein bisschen Ernüchterung breit. Die Medienvertreter schreiben, die Erwartungen wurden nicht erfüllt. Wie beurteilen Sie das?

Lieberknecht: Meine Erwartungen wurden mehr als erfüllt. Und allein das ganz persönliche Erlebnis, dass wir im Kreuzgang des Augustinerklosters zusammen waren und ich als Ministerpräsidentin, als evangelische Theologin mit ihm durch die Bögen des Fensters in den Hof hinein schauen konnte, aber auch gen Himmel, sozusagen auf Luthers Spuren, das ist mehr als eine ökumenische Geste!



domradio.de: Heute Vormittag dann der große Abschlussgottesdienst auf dem Domberg, ein katholischer Gottesdienst. Wie ist das für Sie als evangelische Pfarrerin, fühlt man sich da ausgeschlossen, denn da werden ja die Unterschiede offensichtlich?

Lieberknecht: Ich habe mich aufgehoben gefühlt in einer großen Gemeinschaft, in der Lebendigkeit des Glaubens, im gemeinsamen Gebet, mit einer bemerkenswerten Predigt, die mich sehr angesprochen hat, und was die Eucharistie betrifft, da sage ich in aller Verbundenheit: Wir haben so viel gemeinsam in der Liturgie, in der ich mich zuhause fühle, weil sich lutherische und katholische sehr ähneln, aber dieses letzte Moment der Teilnahme, diese Zeit ist noch nicht gekommen. Und das kann ich aber in allem Verständnis und in aller Gelassenheit abwarten, bis einmal der Tag gekommen sein wird - er wird kommen, da bin ich ganz überzeugt -, aber es ist nicht so, dass ich drängend bin, denn Partner brauchen Zeit für einander.



Das Interview führte Verena Tröster.



Hintergrund

Der Erfurter Bischof Joachim Wanke und Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) haben eine positive Bilanz des zweitätigen Papstbesuchs in Thüringen gezogen. "Sie sehen einen erleichterten Bischof vor sich, der frohen Herzens auf die vergangenen beiden Tage zurückschaut", sagte Wanke am Samstag in der Landeshauptstadt. Lieberknecht nannte den Besuch "ein großartiges Ereignis mit historischen Begegnungen".



Benedikt XVI. hatte am Freitag und Samstag mit insgesamt 120.000 Menschen unter freiem Himmel in Etzelsbach und in Erfurt Gottesdienste gefeiert. Zudem traf er in der Erfurter Lutherstätte Augustinerkloster mit der Spitze der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zusammen. Nach der Marienvesper in Etzelsbach sprach er im Erfurter Priesterseminar mit Missbrauchsopfern.



Wanke sagte, der Besuch des Papstes sei für das Bistum "ein wichtiges inhaltliches und emotionales Ereignis" gewesen. Besonders habe er sich darüber gefreut, dass die Begegnung mit der evangelischen Kirche in Erfurt habe stattfinden können. Der Papst habe mit seinen Predigten "angekämpft gegen Gefühle der Angst und der Verlorenheit gegenüber anonymen Kräften in der Wirtschaft und der Finanzwelt".



Die Zuversicht dieser beiden Tage in Thüringen sei "ein wertvolles Geschenk an die gesamte Gesellschaft", stellte Wanke fest. Zudem habe der Papst deutlich gemacht, dass "das geistliche Grundwasser der Religiosität" auch in die Welt der Moderne passt, "wiewohl die konkreten Fragen bleiben".



Ministerpräsidentin Lieberknecht wertete die Tage "von bewegender Symbolkraft und mit ermutigenden Worten" als Gewinn auch für Menschen, die der Kirche fernstehen. Das ökumenische Treffen auf höchster Ebene habe bekräftigt, "wie wichtig das Miteinander der Konfessionen ist". Die CDU-Politikerin und evangelische Theologin zeigte sich überzeugt, dass von dem ökumenischen Treffen in Erfurt für die Vorbereitung des Reformationsjubiläums 2017 "weitere Impulse ausgehen werden".