Bischof Ackermann zum Treffen des Papstes mit Missbrauchsopfern

"Nicht irgendein Termin"

Das Treffen stand nicht im offiziellen Programm des Papstbesuchs – aber schon seit Monaten fest: Neben den fünf Missbrauchsopfern und Benedikt XVI. nahm nur noch der Trierer Bischof Stephan Ackermann teil. Im domradio.de-Interview beschreibt er die halbe Stunde.

 (DR)

domradio.de: Wie haben Sie das Treffen erlebt?

Ackermann: Das Treffen war in einer sehr intensiven, aber zugleich menschlichen und offenen Atmosphäre. Der Papst kam mit einer gewissen Verspätung, er hatte ja auch einen langen Tag hinter sind. Aber er war sehr wach und präsent. Er hat sehr aufmerksam zugehört.



domradio.de: Was haben die Opfer dem Papst vorgebracht?

Ackermann: Die Opfer haben von sich und ihrem Leben - und natürlich ihrer schlimmen Erfahrung berichtet. Das wurde sehr offen getan: Es gab keine Hemmnisse, wir waren in einem vertrauten Rahmen, nur mit sieben Personen, so dass wirklich offen gesprochen werden konnte. Der Papst hat ganz klar gemacht: Das ist jetzt für mich nicht irgendein Termin, der noch symbolisch wahrgenommen wird. Das hat mich auch sehr beeindruckt.



domradio.de: Was hat der Papst den Opfern gesagt?

Ackermann: Zu dem Inhalt des Gesprächs kann ich nichts sagen, auch aus Gründen der Diskretion. Das war uns auch im Vorfeld wichtig. Die Gesprächsteilnehmer selber sind natürlich frei, nun zu berichten. Nur so viel: Der Papst hat noch einmal deutlich gemacht, dass er beschämt und erschüttert vom Missbrauch ist. Und dass ihm das nach wie vor keine Ruhe lässt. Und die Kirche alles tun will, was präventiv möglich ist, dass Missbrauch in Zukunft verhindert wird.



domradio.de: Der Papst hatte im Olympiastadion mit einem Gleichnis davon gesprochen, dass nicht alle Reben am Weinstock des Herrn gedeihen und Frucht bringen. Man hat das als eine Aussage über die Täter innerhalb der Kirche gewertet. Diejenigen Priester und kirchliche Angestellte, die die ihnen Anvertrauten und Schutzbefohlenen missbraucht haben. Die Betroffenenvereinigung gibt zu bedenken, es gehe nicht bloß um "Unkraut" in der Kirche, das gejätet werden müsse. Es gehe um "gewalttätige Strukturen", die Missbrauch und dessen Vertuschung ermöglicht hätten. Wie hat sich der Papst den Opfern gegenüber geäußert?

Ackermann: Man muss noch einmal sagen: Es gab nicht nur Einzelverfehlungen, auch das Umfeld ermöglichte es in den vergangenen Jahrzehnten oft nicht, zu sprechen. Die Opfer haben immer wieder gesagt: Mir hat keiner geglaubt, ich habe keine Gehör gefunden. Das war im außerkirchlichen so, aber auch im innerkirchlichen. Insofern war das eine Art von struktureller Verfestigung, die natürlich aufgebrochen werden muss. Es geht also nicht nur darum, ein bisschen Unkraut zu zupfen. Da würde ich den Verbänden Recht geben. Sondern der Papst hat eindeutig - ausgehend vom Weinstockgleichnis - gesagt: Hier geht es auch um etwas am Weinstock, totes, dunkles, das da keinen Platz hat und auch weggeschnitten werden muss.



domradio.de: Die Betroffenenvereinigung "Eckiger Tisch" hat das Treffen grundsätzlich begrüßt, zugleich aber auch mehr Hilfe und Anerkennung für die Opfer gefordert. Hat der Papst hier Zusagen in diese Richtung gemacht?

Ackermann: Auch wenn es insgesamt ruhiger geworden ist rund um das Thema: Wir werden mit hoher Wachsamkeit das Thema weiter bearbeiten, sowohl in der Aufklärung, Prävention und Opferhilfe. Das wurde zugesagt, darauf kann sich der Papst verlassen. Er weiß ja um die Maßnahmen, die wir in Deutschland ergriffen haben.



Das Gespräch führte Monika Weiß.