Papst Benedikt XVI. empfängt Malaysias Regierungschef

Impulse für den interreligiösen Dialog

Der malaysische Ministerpräsident Najib Razak ist am Montag von Papst Benedikt XVI. in Privataudienz empfangen worden. Laut malaysischen Medien dürfte es auch um den Ausbau diplomatischer Beziehungen gegangen sein.

Autor/in:
Michael Lenz
 (DR)

Zu den Inhalten der Unterredung in der päpstlichen Sommerresidenz Castelgandolfo machte der Vatikan zunächst keine Angaben. Es handelte sich um den ersten Besuch des seit April 2009 amtierenden Ministerpräsidenten beim Papst.



"Wenn ich den Heiligen Vater treffen könnte, dann würde ich ihm vom wachsenden Selbstbewusstsein der Christen in Malaysia berichten", ist sich Teresa Kok sicher. Die prominente Katholikin, Parlamentsabgeordnete der oppositionellen Demokratischen Aktionspartei (DAP) und Streiterin für Religionsfreiheit in Malaysia meint: "Die malaysischen Christen sind sich heute ihrer Rechte bewusster und bereiter, sich an sozialen und politischen Bewegungen zu beteiligen, als noch vor zehn Jahren."



Etwa 40 Prozent der 28 Millionen Malaysier sind Ureinwohner sowie Nachfahren indischer und chinesischer Einwanderer. Unter den 9 Prozent christlichen Malaysiern sind rund 850.000 Katholiken - also rund 3,3 Prozent der Gesamtbevölkerung.



Wachsende Unterdrückung

Das gewachsene Selbstbewusstsein der Christen hängt eng zusammen mit der Notwendigkeit, sich gegen eine wachsende Unterdrückung zu wehren, der sie und andere Minderheitsreligionen wie die Hindus ausgesetzt sind. So hat die Regierung der katholischen Kirche untersagt, in ihren Publikationen in der Landessprache Bahasa Malaysia "Gott" mit "Allah", dem arabischen Wort für Gott, zu übersetzen - ein Verbot, das in der islamischen Welt einzigartig ist. Für Aufsehen sorgte vor einem halben Jahr auch die - in letzter Minute zurückgenommene - Anweisung von Mitarbeitern des Ministerpräsidenten an die Erzdiözese Kuala Lumpur, während Najibs Anwesenheit beim Weihnachtsempfang des Erzbischofs alle Kreuze abzuhängen.



Im offiziell säkularen Malaysia sind Islam und Politik eine gefährliche Verbindung eingegangen. Die Islamisierung setzte unter dem ehemaligen Regierungschef Mohammed Mahatir (1981-2003) ein, der Malaysia zum "islamischen Staat" erklärte. In einer jüngsten Studie der Friedrich-Naumann-Stiftung und des Goethe-Instituts heißt es: "Als Folge des in den 1980er Jahren begonnen Islamisierungsprozesses hat Malaysia in den letzten Jahren viele Kontroversen bezüglich Religionsfreiheit, Lebensstil, Moral und Rolle des Islam in der Politik erlebt."



"Übliche Regierungspropaganda"

Erst vor kurzem spielten die Regierung und die ihr nahestehenden Medien unverhohlen die religiöse Karte, als sie gegen "Bersih 2.0", die Oppositionsbewegung für saubere und faire Wahlen, hetzten. "Mit dem Vorwurf, "Bersih" werde von christlichen und jüdischen Organisationen aus dem Ausland finanziert, wollte die Regierung die malaiischen Muslime von der Teilnahme an der Demonstration abhalten", sagt Kok. Das passe zur "üblichen Regierungspropaganda", die den Muslimen in Malaysia einrede, das Christentum stelle eine Bedrohung des Islam dar. Im Juni warnte die regierungsnahe Tageszeitung "Utusan" auf ihrer Titelseite vor angeblichen Putschplänen von Christen.



Für ihre politische Zukunft braucht die Regierung die konservativen muslimisch-malaiischen Wähler. Mit ihrem Eintreten für die Gleichheit aller Ethnien und Religionen hatte die Opposition bei der Wahl 2008 breite Resonanz bei malaysischen Chinesen und Hindus sowie bei jüngeren muslimischen Malaien gefunden - und die Regierung an den Rand einer Wahlniederlage gebracht.



Impulse für den interreligiösen Dialog

Von Bedeutung sind aber auch die Wähler in den Bundesstaaten Sabah und Sarawak auf Borneo mit ihrem überdurchschnittlich hohen christlichen Bevölkerungsanteil. Bei der Landtagswahl in Sarawak im Frühjahr stimmten die Christen mehrheitlich für die Opposition.



Mit seinem Besuch beim Papst hofft Najib jetzt bei den christlichen Malaysiern zu punkten; nach Ansicht von Beobachtern will er in Kürze vorgezogene Neuwahlen ausrufen. Der muslimische Träger des Alternativen Nobelpreises Anwar Fazal erhofft sich durch die Begegnung in Castelgandolfo Impulse für den interreligiösen Dialog. Dies wäre "eine positive Entwicklung für alle Seiten".