Wir sind alle Gefährder

Trump und die Folgen I

Fußfesseln. Elektronische. Abschieben. Schnell. Die Angst vor den Gefährdern ist groß, seit dem Anschlag von Terroristen in Berlin. Mir machen ganz andere Gefährder Angst: Wir.

In der Diskussion: Fußfessel für Gefährder / © Fredrik von Erichsen (dpa)
In der Diskussion: Fußfessel für Gefährder / © Fredrik von Erichsen ( dpa )

Ich habe Angst vor uns. Vor uns, die wir die unsere Politiker verachten, über EU Bürokraten schimpfen und bei Klassenpflegschaften fehlen. Ich finde: wir sind die wirklichen Gefährder.

Ich weiß, zurzeit kennt die Welt nur ein Thema: Trump. Und z.B. seinen Umgang mit Muslimen.

Man muss nicht Geschichte studiert haben, um zu wissen, dass wir das hier in Deutschland schon mal hatten: dass einer kommt und sich über alle Gesetze stellt. Weil er eine neue, seine Ordnung herstellen will. Wie das ausging wissen wir alle.

Weil das damals so schrecklich, so grausam war, haben die Väter und Mütter das Grundgesetz geschaffen. Mit dem Recht auf Asyl. Gibt es heute die Genfer Konvention. Humanitäres Völkerrecht. Vor kurzem hatte ich  das erste Mal einen Pass in der Hand, der aufgrund dieses Völkerrechtes ausgestellt wurde. Der Pass sieht aus wie meiner, ist nur blau außen. Ich hatte Gänsehaut: Ein ordentlicher Pass, der alle Rechte freier Bürger garantiert. Für Geflüchtete. Was für eine humanitäre Errungenschaft!

Aber das Recht auf Asyl ist nur eine Konsequenz, die die Menschen aus dem Leid des zweiten Weltkrieges zogen. Sie wollten auch: Demokratie, damit kein Diktator mehr seinen Wahn leben und Menschen zu Untermenschen erklären kann. Jeder und jede kann sich heute beteiligen.

 Sie schufen Strukturen für ein neues Europa, für ein Europa ohne Grenzen. Sie wollten Partizipation, wollten dass wir mitbestimmen können: in der Kommune und im Bundestag, auf der Arbeit im Betriebsrat und in der Schule in der Schulkonferenz.

Und wir? Wir müssten diese Dinge nur noch tun: müssten mit unseren Politikern reden, statt über sie zu schimpfen. Müssten unseren Standpunkt über Petitionen und Leserbriefe vertreten, statt in Internetforen Hass zu gießen. Oder auch nur unsere Meinung vertreten, wenn alle am Kaffeetisch eine andere haben.

Vielleicht werden wir selbst, wenn wir all das tun, nichts aufhalten, nichts ändern können am intoleranten, inhumanen Zeitgeist.

Aber wenigstens haben wir dann was getan. Wenigstens können wir unseren Kindern erzählen, dass wir für unsere Welt gekämpft haben. Als sich von überall der Giftnebel aus Intoleranz und Angst, Egoismus und nationalistischem Kleingeist in unsere Herzen und Hirne senken wollte, als Trump die Welt sprengte.

Wer weiß, wenn wir  unsere Welt nicht gefährden – vielleicht ist sie dann doch nicht in Gefahr.