Rolf Zuckowski und ein charmantes Paradox

Wir hätten dich sonst sehr vermisst

Liebe Angelina, wie schön, dass Du geboren bist! Ich hätte Dich sonst sehr vermisst! Schreibt mir eine Kollegin

Kerzen auf einer Geburtstagstorte / © Nito (shutterstock)
Kerzen auf einer Geburtstagstorte / © Nito ( shutterstock )

Wieder einmal bin ich vor kurzem ein Jahr älter geworden. Über die Email der Kollegin in meinem Account muss ich schmunzeln. Natürlich kenne ich das Lied des Liedermachers, Komponisten und Musikers Rolf Zuckowski, aus dem die Kollegin zitiert.

Als ich klein war, gab es das Lied noch nicht, es ist 1981 entstanden. Als es dann aber meine Kinder aus dem Kindergarten mit nach Hause brachten und an ihren Geburtstagen einforderten, da rührten mich genau diese beiden Zeilen:

Denn: was habe ich mich gefreut, als meine Kinder in mein Leben kamen! Aus ganzem Herzen konnte ich für sie singen: wie schön, dass Du geboren bist. Schließlich hatte ich sie schon, bevor sie kamen, sehr vermisst.

Und, wenn ich das weiterdenke, nicht auszudenken, ich müsste sie irgendwann wieder vermissen?!

Aber die Zeile rührt mich noch aus einem anderen Grund: Wer zu seinem Kind sagen kann: Wie schön, dass Du geboren bist, hat mit diesem Kind ein gutes Leben. Freut sich an seinem Kind, heißt es willkommen, bedauert nicht, sich für dieses Kind entschieden zu haben.

Das Kind hat liebste Menschen in seinem Leben um sich herum, macht für diese einen Unterschied. Wie wunderbar!

Manchmal ertappe ich mich sogar tatsächlich bei einem Anflug von Sehnsucht, dieses Lied wäre für mich als Kind gesungen worden, so schön finde ich es.

Umso mehr freue ich mich über die Email meiner Kollegin. Schmunzeln muss ich aber nicht nur, weil sie mich so gut kennt. Sondern auch, weil ich gerade erst mit Rolf Zuckowski über genau diese Zeile in der Sendung Menschen im domradio gesprochen haben.

Ich bin verblüfft: es gibt Menschen, die reagieren ganz anders als ich. Sie reklamieren, dass man niemanden vermissen könne, den man gar nicht kennt, weil der ja nie geboren wurde.

Stimmt, es ist ein Paradox. Da haben die Beschwerdeführer einen Punkt. Aber welch ungeheuer liebevolles Paradox!

Und das ist es doch, was wir uns alle wünschen und Kinder überlebenswichtig brauchen: zu fühlen, dass andere Menschen sie lieben.

Wie wunderbar also, dass Rolf Zuckowski einem seiner Kinder zum 5. Geburtstag ein Lied schenken wollte.

Ich hätte sonst die Liebe darin schwer vermisst.