Von Himmels- und Familienbildern

Wintermeer

Der Himmel hat seinen Nebelvorhang zugezogen, graut vor sich hin. Zugvögel führen zu Hunderten ihre Choreografie unter den Wolken auf. Wintermeer in Friesland.

Blick in den Himmel  (shutterstock)

Pause. Nach in vielerlei Hinsicht anstrengenden Monaten, habe ich kurzerhand ein paar Tage Meer gebucht.

Wintermeer.

Über dem Wintermeer breitet sich der Wintermeerhimmel aus, schenkt mir, wonach ich mich am meisten sehne: Wasser und Weite.

Seit ein paar Tagen sitze ich in Fensterhöhe auf meinem aus Kisten und Kissen gebastelten Platz im Wohnzimmer. Das Haus steht auf Pfählen, schwankt im Wind. Oder wenn mein Mann durchs Haus geht. Vor mir, neben mir, unter mir: Wasser. Über mir: Himmel.

Winterhimmel.

Und doch. Wenn ich lang genug warte, klart es mal hier, mal da von grau zu hellgrau zu weiß auf. Selbst wenn die Sonne ihren Wolkenschleier nicht ablegt, lichtet sich der Himmel.

Während sich meine Augen am Himmelsspiel von meinem Fensterplatz, zwischen nassen, windigen Deichspaziergängen, nicht sattsehen können, kommt Besuch.

Die Älteste nutzt unsere Wintermeerzeit für eine eigene Pause. Bei den Mahlzeiten sitzt sie vor Kopf, einträchtig essen, reden, lachen wir zu dritt. Nach den vielen Jahren in großer Runde am Tisch, ein seltenes Bild.

Und doch haben wir dieses „zu dritt sein“ jetzt auch zu Hause häufiger. Neben dem Jüngsten, der noch bei uns wohnt, balanciert die Älteste Studium und Job so aus, dass sie regelmäßig auch unter der Woche da ist.

So sind wir im Alltag mal zu viert, mal zu zweit, aber überwiegend in verschiedener Konstellation zu dritt.

Hier am Meer fällt mir dabei besonders auf, wie unterschiedlich unsere Themen und Gespräche sind, je nachdem, wer der oder die dritte im Bund ist. Ein bisschen ist es so, als wären wir jedes Mal eine ganz andere Familie. Selbst worüber wir lachen, ist unterschiedlich.  

Die Älteste ist wieder zu ihren Vorlesungen zurück. Ich sitze wieder alleine unter dem wolkigen Winterhimmel über dem Wintermeer.

Meine Gedanken ziehen mit den Wolken. Nie weiß man, was Wind und Wetter vorhaben. Weder kann ich wissen, wie das Himmelsbild aussehen wird. Noch wie unser Familienbild sich im nächsten Moment zusammensetzt.

Beide, die Himmels- wie die Familienbilder, so zu nehmen, wie sie kommen und gehen – ist ganz schön wunderbar.