Wie wir unsere Arbeit machen

Von alltäglicher Freundlichkeit

"Würden Sie Ihren Platz tauschen?" Die holländische Stewardess lächelt mich bittend an. "Der Herr dahinten ist so groß gewachsen, wenn Sie tauschen, hätte er eine angenehmere Nacht."

Über den Wolken / © Verena Tröster
Über den Wolken / © Verena Tröster

Der Herr, auf den die Stewardess deutet, ist in der Tat sehr hoch gewachsen. Das bin ich ja eher nicht, also nicke ich. "Ich besorge Ihnen auch eine angenehme Begleitung, versprochen." fügt sie hinzu.

Kurz darauf sitze ich an einem Fenster und neben mich installiert sich eine sympathische Amerikanerin. Während wir uns miteinander so bekannt machen, wie man das tut, wenn man nebeneinander eine Nacht über den Wolken teilt, beobachte ich, wie die Stewardess weiter durch die Reihen geht.

Als das Essen ausgeteilt, die Reste wieder eingesammelt und  immer mehr Köpfe zur Seite sinken, steckt die Stewardess hier eine Decke fest, rückt dort ein Kissen gerade und fragt einen unruhigen Herrn, ob sie noch etwas für ihn tun könne.

Während ich der holländischen Flugbegleiterin bei Ihrer Arbeit zuschaue, rührt mich Ihre aufmerksame Fürsorglichkeit. Als sie an meinem Platz vorbeikommt, sage ich ihr, wie wunderbar Sie Ihre Arbeit mache. Sie zuckt mit den Schultern und antwortet: "Ach, das gehört doch einfach dazu."

Nein, denke ich. Das gehört nicht „einfach dazu“. Wie oft machen Menschen Ihre Arbeit anders. Behandeln Kunden wie lästige Bittsteller. Heben genervt oder gelangweilt das Telefon ab, wenn ich eine Frage oder ein Anliegen bei einer Behörde oder einer  Versicherung habe. Wie oft kommen gelangweilte Durchsagen, welche Anschlusszüge erreicht werden. Nein, definitiv, gehört es nicht immer dazu.

Natürlich haben wir alle mal schlechte Tage. Sind gereizt, weil die  Erkältung noch nagt, die Nacht zu kurz war oder die Teenager sich zu Hause in schlechten Manieren üben. Natürlich sind die Tage, an denen die Sonne scheint, sich plötzlich ein Problem löst und alles wie von selbst geht, selten.

Ich glaube, es sind weder die Sternstunden noch die Krisen, in denen sich entscheidet, ob wir am Ende aller Tage zufrieden oder unzufrieden zurückschauen. Ich glaube, das entscheidet sich an all den vielen Tagen, die  zwischen den Regen- und den Sonnentagen liegen. Im All-Tag also.

Und im Alltag  ist jeder, der seine Arbeit so freundlich wie diese holländische Flugbegleiterin macht, einfach ein Segen.