Welche Rede bei der Schulentlassung halten?

Worte fürs Leben

„Angela, sprichst Du auf unserer Entlassfeier?“ fragt mich der Schülersprecher.

Es ist Ferienzeit (dpa)
Es ist Ferienzeit / ( dpa )

Entlassfeiern. Das sind die Veranstaltungen, bei denen mehr oder weniger glückliche Schülerinnen und Schüler auf die Bühne gerufen werden, um das Ende ihrer Schulzeit zu besiegeln.

Ein letztes Mal reden die Menschen, die immer schon zu den Schülermenschen im Saal geredet haben: Der Schulleiter, der Bürgermeister, die Stufenlehrerin. Und die Elternvertreterin auch. Das wäre dann ich.

Ich frage mich, was wollen die Schüler und Schülerinnen in der Hitze eines solchen, langen Nachmittages, hören?

Über vieles, was unsere Kinder auf Entlassfeiern gehört haben, auf denen sie musiziert, gekellnert oder bei denen sie selber die zu Entlassenden waren, haben sie geseufzt: langatmig, sentimental, nichtssagend…

Ich frage mich, was ich damals, als ich entlassen worden bin, gerne gehört hätte. Ich muss nicht lange suchen, das weiß ich ganz genau: Freu Dich. Freu Dich auf Dein Leben. Das Leben ist schön. Das Leben ist aufregend. Und Du hast an dieser Schule alles gelernt, um Dein Leben in Angriff zu nehmen. Das hätte ich gerne gehört.

Und gestimmt hätte es auch noch:  ich hatte wunderbare Lehrer und Lehrerinnen. Die mir alles beibrachten, was ich brauchte, um meinen Weg ins Leben zu finden.

Aber würde es auch heute stimmen, wenn ich den Schülerinnen und Schülern der Aula sagen: „Freu Dich. Freu Dich auf Dein Leben. Das Leben ist schön. Das Leben ist aufregend. Und Du hast an dieser Schule alles gelernt, um Dein Leben in Angriff zu nehmen?“

Ich lasse die Jahre seit der Einschulung, die zugleich die Gründung dieser Schule war, Revue passieren. So viel ist geschehen. Vieles ist nicht optimal gelaufen.

Aber im Leben läuft es nie optimal. Viel wichtiger, ob etwas optimal läuft ist, wie wir mit dem umgehen, was nicht optimal läuft.

Als es in diesem Fall nicht optimal läuft, ist etwas Wunderbares passiert: Eltern und Lehrer haben gemeinsam für ihre Kinder gekämpft. Einer Schule, die fast schon am Abgrund stand, eine neue, eine echte Zukunft gegeben.

Rupert Neudeck, der Menschenrechtsaktivist und Journalist, wurde zum Schulpatron, steht Pate für das Motto der Schule: Menschlich. Mutig. Miteinander.

„Was soll da noch schief gehen im Leben. Wenn es menschlich, mutig und miteinander gelebt wird“, kommentiert die Witwe Christel Neudeck bei einem Besuch in der Schule dieses Motto.

Ja, was soll da noch schiefgehen im Leben? Wenn die Schülermenschen weiter Menschlich. Mutig. Miteinander leben?

Nichts kann schiefgehen.

Viel Freude im Leben.