Beide schmecken nach mehr als einer Sache

Was das Leben mit einem Tortenstück gemeinsam hat?

Flughafen Frankfurt. Auf einmal sind die Türen zur Sicherheitskontrolle zu. Haben mein Kind einfach verschluckt.

Ein Kuchen zum reinbeißen / © Michaela Jensen (ak)
Ein Kuchen zum reinbeißen / © Michaela Jensen ( ak )

Mein Mann lotst mich erst mal zu einer Bäckerei, bestellt mir einen Tee. Der kalt werden wird, bevor ich ihn trinken kann. Denn, erst muss ich ja mal mit heulen fertig werden.

Die Flughafentüren haben mein Kind nicht einfach nur verschluckt. Nein, sie spucken es am anderen Ende der Welt wieder aus, bringen es erst in einem Jahr wieder.  

Aber – was heißt hier schon: Kind? Das „Kind“ ist 21 Jahre alt. Schon lange volljährig und erwachsen noch dazu. Also natürlich geht da ein junger Mann nach Australien und sowas von kein Kind mehr.

Ganz ehrlich, ich habe mich vom ersten Moment an über die Australienidee gefreut. Richtig doll gefreut. Was für eine Chance im dritten Studienjahr einen Platz an einer Austauschuniversität zu bekommen! Noch mal eine ganz andere Welt kennenzulernen.

Menschen, Klima, Pflanzen, Tiere. Alles neu. Manches wird vielleicht fremd bleiben, anderes nimmt der Große vielleicht als eine Idee  ins Leben mit, die in zehn oder zwanzig Jahren hilfreich werden wird. Wer weiß das schon?

Ich weiß, dass ich es gut finde, wenn junge Menschen ganz verschiedene Perspektiven, Standpunkte, Normen und Werte kennenlernen. Für das globale Dorf, zu dem unsere Welt geworden ist, kann das nur hilfreich sein.

Doch, nun. Auch wenn der junge Mann 21 ist. Ich kann ja nicht ändern, dass er mein Kind ist. Wie die Tränen zeigen, die in meinen Tee tropfen, werde ich ihn vermissen.

Als wir vom Flughafen zurückfahren, denke ich: vielleicht ist das Leben ja wie ein Tortenstück. Das schmeckt ja auch nicht nur nach Kirsche oder nur nach Sahne oder nur nach Biskuit– sondern nach allem auf einmal.

Mein Herz jedenfalls ist ganz leicht vor Freude, weil der Große einen Traum leben kann. Und es ist schwer vor Sehnsucht, ihn jetzt eine lange Weile nicht zu sehen.

Je weiter wir uns aber vom Flughafen entfernen, schleicht sich, heimlich still und leise, noch ein Gefühl in mein Herz: Freiheit.

Plötzlich schaue ich aus dem Fenster und weiß: ich bin wieder frei. Die Verantwortung, die das Leben mir mit diesem Kind in den Arm gelegt hat - vorbei. Von Flughafentüren verschluckt.

Jetzt kann ich neue wunderbare tun Dinge. Ich lächle, weil, ich weiß auch schon was.

Aber das ist eine andere Geschichte.