DOMRADIO.DE-Mitarbeiterin Angela Krumpen über den Klimawandel - in ihrem Garten

Und er leuchtet doch

DOMRADIO.DE-Mitarbeiterin Angela Krumpen sieht die Folgen der langen Dürre und Trockenheit auch an ihren eigenen Pflanzen im heimischen Garten. Selbst ihre Tanne trägt keine Zapfen - doch der Ahorn hält eine Überraschung bereit. 

Der Ahorn leuchtet rot / © Angela Krumpen  (ak)
Der Ahorn leuchtet rot / © Angela Krumpen ( ak )

Dieses Jahr ist alles anders. Jahrelang hat mich, sobald mit Federweißer und Kürbissen die ersten Herbstboten das Ende des Sommers einläuteten, hinterrücks die Melancholie überfallen: immer kamen die Boten zu plötzlich, immer kamen sie zu früh. Und immer wollte ich, dass der Sommer bleibt.

Aber dieses Jahr hat mich jeder neue, schon wieder sonnige Tag, mehr bedrückt. So viele, so heiße Sonnentage zeigen nur, wie weit der Klimawandel schon vorangeschritten ist. Dass er menschengemacht ist, darin sind sich die Wissenschaftler einig. Darüber, ob er noch umkehrbar ist, herrscht weniger Konsens. Wenn überhaupt, können wir nur alle zusammen umkehren.

"Mein Herz bangte"

Unser Garten war im Sommer jedenfalls ein nicht zu übersehendes Beispiel für die Erhitzung: unsere viele Meter hohe Tanne, der größte und mächtigste Baum im Garten, hat keine Früchte, keine Zapfen getragen. So als würde ihm die Kraft dazu fehlen. Um den Stamm herum verdorrten die Zweige meterweit. Hingebungsvoll hat mein Mann die Tanne Abend für Abend versucht am Leben zu erhalten, Abend für Abend lange gewässert.

Der Zierahorn neben der Tanne verdorrt auch vor sich hin. "Ich glaube nicht, dass der zu retten ist", sagt mein Mann traurig: "In diesem Herbst wird er nicht rot leuchten". Mein Herz bangte um die Tanne und den Ahorn. Und um die Welt. Freute sich über jede Wolke, jeden grauen Tag, der - vielleicht - Regen bringen würde.

"Ich kann mich über Regen freuen" 

Deswegen standen Federweißer und Kürbisse als Herbstboten dieses Jahr eher für die Hoffnung auf Abkühlung. Schließlich sind die staubtrockenen Böden bis weit in ihre Tiefen ausgedürrt. Die viele Freude von Menschen, übrigens auch in den Wetterberichten im Radio, über schon wieder eine Woche strahlend blauen Himmel und die vielen Wünsche, das schöne Wetter zu genießen, verstören mich: darüber, dass sich die Natur noch eine Woche länger nicht erholen kann, soll ich mich auch noch freuen?

Das kann ich nicht. Aber ich kann mich über Regen freuen. Und darüber, dass im Oktober um die Mitte der Tanne langsam wieder das Grün einzieht. Um den Ahorn sorge ich mich weiter. Bis ich im November ein paar Tage beruflich unterwegs bin. Als ich morgens wieder an meinem Schreibtisch sitze: leuchtet der Ahorn rot. Wie wunderbar.


Der Ahorn lebt / © Angela Krumpen (ak)
Der Ahorn lebt / © Angela Krumpen ( ak )
Quelle:
DR