Sommerfotos zum Anhören: Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier

Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier

Ein Strand. Ein kleines Kind. Mit nassen Strümpfen steht es da. Und in jeder Hand einen sehr kleinen, sehr gelben, sehr tropfenden Gummistiefel.

Erst eins, dann zwei, dann drei...  / © Angela Krumpen  (ak)
Erst eins, dann zwei, dann drei... / © Angela Krumpen ( ak )

Ein Foto aus unserem ersten Sommer zu viert. Ein paar Wochen zuvor hatten wir einen kleinen Jungen aus dem Kinderheim in der Nachbarstadt zu uns geholt. Dieser kleine Junge hatte vieles noch nicht lernen können. So übten wir essen, Ball spielen, überhaupt spielen. Und wenn Stiefel  innen nass werden, dann übten wir auch die Strümpfe ausziehen.

Der Prozess, ein Pflegekind aufzunehmen, war steiniger, als wir gedacht hatten. Aber, ähnlich wie bei einer Geburt, als das Foto entstand, war das vergessen. Das Kind war da. Wir zu viert. Eine große Veränderung.

Manchmal hält das Leben Überraschungen bereit. Im Nachhinein steht dieses Foto erst für den Anfang von vielen Veränderungen, in die unsere Familie sich noch wandeln sollte.

Am gleichen Strand, genau zehn Jahre später, ein neues Foto: Auf dem sich vier junge Menschen in die Wellen stürzen. Sich um die Wette aufmachen zu einem selbstgebauten Floß, das sie an einer Boje vor der Insel angebracht haben.

Zwischen 12 und 18 Jahre sind sie auf dem Foto alt. Als die Jungs schon nicht mehr ganz klein waren, kamen, im Abstand von nur einem guten halben Jahr, noch zwei Teenagerinnen dazu. Das Leben stellte sie uns vor die Tür.

Auch wenn wir schon Übung im uns Verändern hatten – so ist es doch jedes Mal neu die Frage, ob und wie es uns gelingt, uns zu einem neuen Familiengebilde zu entwickeln.

Die Sonne und die Wellen im Hintergrund auf dem Foto sind meine wichtigsten Lehrerinnen in diesen Zeiten. Sie kommen und gehen über den Strand. Die Sonne geht unter. Wartet am nächsten Tag neu auf uns. Vielleicht hinter Wolken. Aber sie ist wieder da. Der Strand auch. Ein neuer Tag.

Fotos machen wir in der Regel von den Momenten, in denen die Sonne scheint. Den Momenten, die gelingen.

Das ist solange in Ordnung, wie wir nicht so tun, als seien es die einzigen Momente. Ich sammele sie in meinem Fotoschatz. Manchmal, in Zeiten, in denen es nicht so gelingt, flüstert er: So war es auch.

Deswegen kann es auch immer wieder so werden.