oder: den eigenen Platz in der Welt finden

Freude und Nutzen bringen

Dunkelgrau regnet, schüttet und nieselt der Niederrheinmorgen. Wir sind auf dem Weg zum Arbeitsamt. Schon wieder.

Novembernebel  / © Harald Oppitz (KNA)
Novembernebel / © Harald Oppitz ( KNA )

So schön so ein Schulabschluss ist. Damit alleine ist der Platz in der Welt, der eigene, noch nicht gefunden. Auch beim Jüngsten nicht.

Im Sommer haben wir ihn und seinen Schulabschluss gefeiert. Die Schule hat ihn immer sehr gefordert. Für die Frage, was danach kommt, blieb wenig Raum.

Ich finde das nicht schlimm. Sein Leben ist noch lang. Lieber jetzt in Ruhe, aber sorgfältig suchen, als später abgebrochene Ausbildungen verkraften müssen.

In Deutschland gibt es viel Unterstützung bei der Berufswahl. Auf der Basis eines Berufsvorbereitungsjahres nutze ich mit dem Jüngsten unterschiedlichste Angebote: wir sitzen zusammen im Berufsinformationszentrum, suchen nach Berufsbildern und Anforderungsprofilen. Wir sprechen mit Beratern, der Jüngste unterzieht sich neuen Testungen, die nach seinen Stärken fahnden.

Insgesamt sind diese Möglichkeiten ganz schön wunderbar. Die Berater nehmen sich wirklich Zeit. Dennoch haben sie nur ja kurze Momentaufnahmen von meinem Sohn. Und wir sitzen in den wenigen Wochen immer neuen Gesichtern gegenüber.

Eine ganz schöne Herausforderung. Für alle Beteiligten. Auch mir fällt es nicht leicht, die vielen Optionen zu überblicken und den Jüngsten optimal zu beraten und zu unterstützen. So viele unbekannte Variablen: welche Berufe werden demnächst von Maschinen übernommen? Welche Berufe neu entstehen? Und welche davon passen zu den Stärken des Jüngsten?

Ehrlich gesagt: ich weiß es nicht. Mir ist, als würde der graue Novembermontag, an dem wir vom Arbeitsamt durch die graue Niederrheinlandschaft zurückfahren, einen dichten, grauen Vorhang aus Nebel vor die Zukunft des Jüngsten ziehen.

Zum Glück währt kein Nebel ewig, irgendwann lichtet jeder Nebel sich. Bis dahin hilft nur: weitergehen. Ich muss an die Worte denken, die Anne Frank in ihr Tagebuch schrieb: „Oja, ich will nicht umsonst gelebt haben. Ich will den Menschen, die mich doch nicht kennen, Freude und Nutzen bringen.

Der Jüngste hat so viele Stärken und Qualitäten. Wenn er sich selber besser kennt, wenn er mehr von der Welt gesehen hat, wird er den Platz, an dem er Freude und Nutzen bringen kann, schon finden.

„Bis zum Frühjahr ist noch Zeit“ hat der Berater heute Morgen gesagt. Neue Praktika werden neue Einblicke bringen, werden den Nebel lichten.

Einstweilen leuchten Adventskerzen und Weihnachtssterne den Weg.