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Leben, das stärker ist als der Tod

Wenn jemand jeden Moment sterben kann, darf man ihn dann noch zu einer einstündigen Sendung einladen? Eine Geschichte von Leben und Tod. Und eine Ostergeschichte.

Badewanne. Im Baumhaus / © privat (ak)
Badewanne. Im Baumhaus / © privat ( ak )

Im Mittelpunkt dieser Geschichte steht Philipp Mickenbecker. Philipp ist jung, 24 Jahre jung. Zusammen mit seinem Zwillingsbruder Johannes ist er ein YouTube Star. Sie nennen sich „The Real Life Guys“, also etwa „die Jungs mit dem echten Leben.“

In diesem echten Leben kommen viele Badewannen vor. Die Jungs fliegen mit einer Badewanne zum Bäcker, bauen eine Badewanne in ein Baumhaus ein und aus vielen Badewannen wird eine Rutsche vom Dach bis in den Gartenpool. Und was auch immer die „Real Life Guys“ tun, Millionen junge Menschen schauen zu. In diesem Teil der Geschichte geht es um definitiv das Leben.

In dem anderen Teil von Philipp Geschichte geht es um den Tod: Philipp muss nicht nur selbst so früh dem eigenen Tod ins Auge sehen, sondern er hat auch den tödlichen Unfall seiner jüngeren Schwester mitangesehen.

Philipps Geschichte habe ich gelesen, als sein Buch vor einem halben Jahr erschien. Das Buch ist so spannend und ehrlich, dass ich ihn sofort in die Sendung „Menschen“ eingeladen habe.

Und Philipp sagte zu. Aber dann haben wir uns immer verpasst, keinen gemeinsamen Termin für eine Sendung gefunden. Stattdessen las ich, dass sein Krebs zurück ist. Dieses Mal unheilbar. Dieses Mal könnte jeden Moment sein Leben vorbei sein, denn rund um den Tumor in seiner Brust hat sich Wasser gebildet und bedroht Herz und Lunge.

Unterdessen haben die Kollegen und Kolleginnen, gefühlt in allen Medien, Philipp auch entdeckt. Ich verfolge seine Auftritte: Eine große NDR-Reportage, Talkshows, Zeitschriften, Onlinemedien – alle wollen Philipps Geschichte hören.

Jetzt denke ich, auch gut. Seine Geschichte ist erzählt. Warum sollte ich ihn noch einmal befragen?

Aber dann lässt Philipps Geschichte mich nicht los. Er ist so alt wie einer meiner Söhne. Ich denke oft, wie es wäre, wenn ich bald am Grab meines Kindes stehen müsste.

Im Oktober haben die Ärzte Philipp nur noch ein paar Wochen eingeräumt. Er lebt aber immer noch. Es ist wie ein Wunder. Denn: Er lebt gut.

Baut mit seinen Freunden und Freundinnen einen Bus aus. Fährt mitten im Lockdown nach Island. Erlebt spektakuläre Abenteuer, Natur und Gemeinschaft.

Den Tod vor Augen erzählt Philipp immer atemberaubender vom Leben. Vom Leben, das stärker ist als der Tod. Eine Ostergeschichte.

Eine todtraurige, höchst lebendige, ergreifende, kurzum wunderbare Ostergeschichte.


Philipp Mickenbecker / © privat (ak)
Philipp Mickenbecker / © privat ( ak )