Gezeiten - Im Rhythmus der Insel atmen

Insel Sommer Pause 3

Es rollt, rauscht, donnert. Ohne Ende, ohne Anfang ebben und fluten die Wellen an die Insel. Ein Haus steht hier. Früher hat die Familie des Fischers dort gewohnt. Heute wohnt er an Land und vermietet es an Touristen. Auch an uns.

Inselsommer3 / © Krumpen
Inselsommer3 / © Krumpen

Morgens, mittags, nachts, unablässig legt das Meer seinen Soundtrack unter unsere Tage.  Am Anfang nehmen wir die Insel neu in Besitz. Machen uns wieder vertraut mit den Regenwassertanks, die Duschen und Toiletten speisen. Hieven  Trinkwasser in 50 Liter Tanks den Sandstrand hinauf. Entdecken die Insel  wieder, ihre Sand- und Kiesstrände, die Felsen und Klippen.

Wenn alle Vorräte verstaut und die Bücher, Spiele, Blöcke und Stifte auf den Fensterbänken des Wintergartens gestapelt sind, könnte es anfangen, unser schönes Leben auf der Insel. Aber so schnell geht das nicht.

Es braucht ein paar Tage, in denen wir auf der Insel wach werden und einschlafen,   bis wir wieder den Atem der Insel hören können. Langsam nur fangen unsere Herzen an, im Takt der Insel zu pulsen. Dann werden wir allmählich müde, wenn die Sonne unter–  und wach, wenn sie aufgeht. Dazwischen wiegt uns die Inselnacht in tiefen Schlaf, in dem wir so intensiv träumen, wie sonst nirgendwo. 

Die Tage finden von selbst ihren Rhythmus. Wie Ebbe und Flut, wechseln Tun und Ruhen. Wechseln Zeiten, in denen wir zusammen sind und in denen jeder für sich ist, sich ab. Wenn wir uns alle mehr in den Rhythmus der Insel eingefunden haben, passiert etwas außerordentlich Erstaunliches: auf einmal schärfen sich unsere Sinne. Als wenn der sonst immer aufgewühlte Sand im Glas endlich einmal auf den Boden sinken kann. Das Wasser klar wird,  so klärt sich der plötzlich der Blick.

Mir ist dann, als wäre ein Fernglas in meine Augen eingebaut, oder ein Autofocus aus der Kamera, die sich von alleine scharf stellt. Im Fokus erscheinen dann 96 Arten Grau und die Steine haben plötzlich jeder eine andere Form, das Grün schattiert in so vielen Grüntönen, die mein Auge noch nie gedacht, geschweige gesehen hat. Selbst das Meer sieht plötzlich überall anders aus. Alles kommt mir näher, alles ist spannender.

Und so viel lebendiger.Es rollt, rauscht, donnert. Ohne Ende, ohne Anfang ebben und fluten die Wellen an die Insel. Ein Haus steht hier. Früher hat die Familie des Fischers dort gewohnt. Heute wohnt er an Land und vermietet es an Touristen. Auch an uns.