Freibad ist Sommer

Ein Hauch von Paradies

Dem Tag, noch bevor er Tag wird, entgegenschwimmen. Oder abends in die untergehende Sonne. Das geht am Meer. Und im Freibad.

Freibad / © Neil Gee
Freibad / © Neil Gee

Für mich.

Noch lange nicht für jeden: "Ihhhh – da  ist doch eh nur Pippi drin" oder: "Mein Gott, wenn ich mit den Kindern was Nettes unternehmen will, stell ich mich doch nicht in eine kilometerlange Schlange" sagen die einen. Oder, wenn die Sommer gerade mal wieder sehr englisch sind: "Lungenentzündung ist das letzte, was ich kurz vorm Urlaub brauche!" die anderen.

Mir ist das so egal.

Das Wasser weckt meine Sehnsucht. Nach Ruhe und Rhythmus. Nach Aufgehoben- und nach Einssein. Morgens erweckt das Wasser meine Kräfte, abends zieht es, Bahn um Bahn, meine Nerven wieder glatt.

Als Schülerin fanden mich alle seltsam, weil ich noch vor der Schule Bahnen schwimmen ging. Als Studentin im Ausland hatte ich im Kalender immer die Öffnungszeiten der Bibliothek, der Metro und des Schwimmbads stehen. Wenn ich Stress habe, gehe ich schwimmen. Und wenn ich glücklich bin auch.

In der Schwangerschaft zog ich noch mehr Bahnen als sonst. Fragte mich, ob mein Baby wohl merkte, dass es nicht nur selbst im Fruchtwasser schwamm, sondern die Mutter drum herum auch gleich noch? Und: Wann ich wohl mal neben meinem Baby durchs Wasser pflügen würde?

Die erste Frage wird nie, die zweite wurde acht Jahre später beantwortet: Da querte das Kerlchen mit mir einen schwedischen See.

Jahrelang schwamm ich in der Irischen See. Und neben mir schwamm die Frage, ob ich wohl den Weg vom Festland auf die Insel, auf der wir immer Urlaub machen, schaffen könnte? Als die Gelegenheit kam wusste ich nach einer Stunde, 43 Minuten, Meter für Meter durch den offenen Atlantik: Geht doch.

Wenn ich im Wasser unterwegs bin, spüre ich meine Kraft. Zentriere mich, höre die Stille, die Luft und meinen Atem. Nichts stört mich. Nicht das Kreischen und Platschen an schönen Tagen, nicht die sanft von oben fallenden oder heftig ins Wasser knallenden Tropfen, wenn es regnet. 

Und wenn das Licht mitspielt, mal unter, mal über Wasser, mal zwischen den Blättern der Bäume und mal in den winzigen Wellen funkelnd - dann legt sich ein Hauch von Paradies in meine Seele.

Oder ist es meine Seele, die einen Hauch von Paradies in die Welt atmet?