Was ist das eigentlich?

Ein bester Tag

"Was ist eigentlich Dein bester Tag?" fragt mich eine Freundin per Email. Und hängt einen eindrücklichen Text an, in dem sie von einem Schicksalstag erzählt. Von einem Unfall, der alles verändert.

Morgentau im Sonnenschein / © Frank Rumpenhorst (dpa)
Morgentau im Sonnenschein / © Frank Rumpenhorst ( dpa )

Sie erzählt von dem Tag, an dem die beliebte Frau eines evangelischen Pastors aus einem kleinen Dorf in Hessen, ihre eigenen Kinder auf der Rückbank, einen Unfall verursacht, weil sie einen Motorradfahrer übersieht. Der Motorradfahrer stirbt. Dessen Familie, seine Frau und seine sechs Kinder, die im Familienvan ihrem Vater hinter dem Motorrad folgten, werden Zeugen des schrecklichen Unglücks.

Meine Freundin, die am Unfallort wohnt, hat dieser Schicksalsmoment nachhaltig bewegt. Sie schreibt: "Es wird nie mehr so wie es war, mit den harmlosen Sorgen, mit dem alltäglichen Kleinkram, wenn die Kinder zanken und die Fenster nicht geputzt sind und von denen wir denken, sie seien nichts Besonderes."

Obschon gar nicht selbst betroffen, bringt der Unfall bringt meine Freundin zu einem radikalen Perspektivwechsel: "Es ist überhaupt nicht schlimm, wenn die Kinder zanken und die Fenster ungeputzt sind. Ein Tag voller Unkraut im Garten ist ein glücklicher, ein wunderbarer Tag, ein bester Tag, den wir uns vergeblich zurückwünschen, wenn das Schicksal eine Weiche umgestellt hat."

Sie will wissen, wie ich mir einen "besten Tag" vorstelle? Meine Antwort ist diese Kolumne und ein Link zu einem Video. Es heißt "A good day ". und ist vom berühmten Benediktinerbruder David Steindl Rast. Im Video sagt er: "Du denkst, dieser Tag sei nichts weiter als ein weiterer Tag in diesem Leben. Aber das ist er nicht, er ist nicht einfach nur ein weiterer Tag. Es ist der eine, der einzige Tag, der dir heute gegeben ist. Er ist ein Geschenk. Er ist das einzige Geschenk, das dir genau jetzt gegeben wird."

Über 1,2 Millionen Mal ist das Video im Netz angeklickt. Gar nicht so wenige Klicks sind von mir dabei: Mich faszinieren die 5 Minuten und 32 Sekunden immer neu. Jedes Mal ist mir, als verstünde ich es. Endlich. Verstünde, dass ich nichts habe, als diesen einen Moment. Der zudem der letzte sein könnte, der mir geschenkt wird. Oder einem meiner Liebsten. Oder uns allen mit Frieden in Europa. Jedes mal weiß ich: dieses Geschenk, dieser Tag, ist unendlich kostbar. 

Jeder Tag, an dem ich mich, zumindest für einen Moment, an die Botschaft des Videos erinnere, wird ein bester Tag sein.