Das Leben ist kein Weihnachtsfilm

Lichtermeer für Aleppo III

"In Aleppo überschlagen sich die Ereignisse und vielleicht kommen jetzt Mutter und Tochter bald, das wäre dann Weihnachten.“

Kerzenlicht aus Aleppo / © Mutter und Schwester (ak)
Kerzenlicht aus Aleppo / © Mutter und Schwester ( ak )

Schreibt Christel Neudeck, die Witwe des in diesem Jahr verstorbenen Friedensaktivisten Rupert Neudeck. Ja, das wäre dann Weihnachten. Wenn diese Mutter von vier Kindern, von denen eines mit ihr in Aleppo eingeschlossen ist, ihre drei  anderen Kinder, die sich zu uns  geflüchtet haben, wieder in die Arme schließen könnte. Ja,  dann wäre Weihnachten.

Und wäre das ein Weihnachtsfilm,  würde er enden mit den Worten der Mutter. "Ich bin eine Märtyrerin, eine Mutter so weit weg von ihren Kindern mitten in einem Krieg, der keine Gnade kennt. Die Stücke meines Herzens, meine Kinder, sind bei Euch. Bitte, passt auf sie auf.“ 

Über diesen Worten sähen wir, wie diese Mutter die Stücke ihres Herzens wieder in die Arme schließen kann. Natürlich am Weihnachtstag selber.

Und auch ganz ohne schluchzende Begleitgeigen würden uns diese Bilder tief rühren. Und uns am Ende des Filmes mit dem Gefühl zurück ins Leben lassen, dass all die Kerzen und Plätzchen und Geschenke und Weihnachtswünsche, nicht vergeblich sind.

Aber nun ist das Leben kein Weihnachtsfilm. Mutter und Tochter harren immer noch in der Hölle von Aleppo aus. Die Mutter kann ihre fernen Kinder nur virtuell, nur übers Smartphone in die Arme schließen.  

Heute  ist Weihnachten.

Weihnachten soll froh machen. Wie aber können wir froh sein, wenn diese Familie traurig und zerrissen ist? Genauso zerrissen wie zehntausende andere syrische Familien.  Genauso traurig wie zehntausende  andere Familien überall auf der Welt, und jetzt auch in Berlin, die  ihre Töchter, Söhne, Mütter, Väter, Brüder, Schwestern beweinen, weil sie Opfer von Terroristen geworden sind.

Der Brief der Mutter geht weiter: „Vielen Dank, für alles was Ihr meinen Kindern gibt. Ich danke Euch für Eure Freundschaft und Euer Gebet für mich und meine Tochter und für alle Menschen in Aleppo. Die leben wollen. Trotz allem.“

Die Mutter sieht in Facebook das Lichtermeer wachsen. Sichtbares Zeichen von Solidarität. Am Telefon sagt sie: „Ihr seid wahre Freunde der Menschlichkeit“.

An Weihnachten ist Gott Mensch geworden. Und vielleicht ist das dieses Jahr unsere wichtigste Aufgabe überhaupt: dass wir uns auf unsere Menschlichkeit besinnen.

In diesem Sinne wünsche ich uns allen, all überall, frohe Weihnachten.