Als wir alle eine Meise hatten

Blaumeisen im Elternstress

Mein Mann liebt Vögel. Deswegen haben wir im Winter jede Menge Meisenfutterglocken im Garten. Und im Frühling hängen überall Vogelhäuschen.

Meise besichtigt Nistkasten / © Stefan Quilitz
Meise besichtigt Nistkasten / © Stefan Quilitz

In eines davon zieht ein Blaumeisen-Pärchen. Vom Esstisch können wir zuschauen, wie Papa und Mama Blaumeise emsig durch das kleine Loch schlüpfen.

Immer haben Sie Zweiglein, Blätter und anderes Nestbaumaterial im Schnabel. Stürzen sich kopfüber hinein und tauchen blitzschnell wieder auf.

Dann fliegt nur noch Papa-oder Mamameise. Die andere Meise brütet wohl. Vom BUND lerne ich, dass die Brutzeit von April bis Anfang August dauert, dass Blaumeisen bis zu 14 Eier legen, die sie 13 bis 15 Tage bebrüten.

Wo ich schon dabei bin, lerne ich auch: Blaumeisen seien ausgesprochene Höhlenbrüter. Die meisten Bruten fänden in Baumhöhlen statt, aber auch geeignete Löcher an Gebäuden in Hauswänden, Mauerritzen, Jalousiekästen, aber auch Briefkästen und Rohre würden genutzt.

Vogelhäuschen offensichtlich auch.

Unterdessen sind wir alle „Meiseninfiziert“, erzählen uns am Tisch, wer, was über Tags beobachtet hat.

Dann fliegen die Meiseneltern wieder zu zweit. Und in einem atemberaubenden Tempo. Von früh bis spät. Der BUND schreibt: „Meisen verfüttern an ihre Jungen Insekten und Spinnen. Sie bringen jeweils nur ein Beutetier zum Nest, so dass sehr häufige Anflüge in schneller Abfolge zu beobachten sind.“

Wir sind voller Bewunderung für diese schier unglaubliche Leistung der Blaumeiseneltern.  Und ich denke plötzlich an bleierne Nächte, in denen ein fieberndes Kind jede Viertelstunde wimmerte…

Von der Terrasse hören wir fast immer das aufgeregte Gefiepe der kleinen Blaumeisen. Wenn die Fütterung kommt, wird das Fiepen zum Getöse.

Aber plötzlich ist: Ruhe.

Ich frage die anderen. Die zucken die Schultern. Nun, schon nach 20 Tagen im Nest, seien die Jungen flügge und man könne sie als Ästlinge oder im Garten bewundern.

Tja, die Garagenwand hat keine Äste. Und im Garten spazieren auch keine Meisenkinder. Was ist passiert?

Die Liste der Feinde, von Sperbern, Katzen bis zum Menschen ist lang. Vielleicht hing der Nistkasten falsch, vielleicht schien zu viel Sonne.

Wer weiß, vielleicht laufen die Kleinen aber auch munter umher.

Wie die winzige, wunderhübsche, gelb-blaue Blaumeise, die ganz starr unter einer Hecke auf der Straße 80 Meter weiter sitzt. Gerade als wir uns fragen, ob sie Hilfe braucht, hüpft sie erst hoch. Und fliegt dann anmutig weg.

Ganz schön wunderbar.