Wort des Bischofs

Ich gebe nix?

Wie oft gehen wir jeden Tag an Bettlern und Bedürftigen einfach vorbei? Oder gehen ihnen sogar absichtlich aus dem Weg? In seinem Bischofswort appelliert Kardinal Woelki heute an Nächstenliebe und Barmherzigkeit: milde Gaben sind gut christlich!

 (DR)

Bettlern gebe ich grundsätzlich nichts. Egal, welche Geschichte sie mir erzählen. Selbst, wenn sie verkrüppelt sind oder rührselig auf die Tränendrüse drücken – nein, da bleibe ich schon hart. Mein Geld würde doch nur das nächste Besäufnis oder die nächsten Drogen finanzieren. Außerdem gibt es in unserem Land so viele Hilfsangebote, da braucht hier niemand blöd rumzusitzen und betteln... Die sollen mal arbeiten!

Gut, wir können so denken, aber christlich ist das nun wirklich nicht. Die Gabe von Almosen gehört zu den sieben leiblichen Werken der Barmherzigkeit. „Geh, verkaufe, was du hast, gib das Geld den Armen und du wirst einen bleibenden Schatz im Himmel haben, dann komm und folge mir nach!“ Diese Empfehlung kommt von Jesus selber, als der reiche Jüngling wissen will, was für ein christliches Leben angesagt ist. Aber nicht nur im Christentum ist die freiwillige, milde Gabe für die Bedürftigen Programm. Juden, Buddhisten, Muslime – alle fordern zu Almosen auf. Und wer viel hat, der soll auch mehr abgeben.

Wenn wir uns also das nächste Mal an einem armen Schlucker vorbeimogeln wollen, sollten wir unserem Gegenüber wenigstens in die Augen schauen und grüßen. Gut christlich aber ist es, wenn wir nicht nur unser Herz öffnen, sondern ihm auch eine milde Gabe in die Hand drücken. „Barmherzigkeit will ich!“ – an diesem Wort Jesu kommt kein Christ vorbei.

Ihr Rainer Woelki
Erzbischof von Köln 

 


Quelle:
DR